Es war John Cale, der 1991 seine Version von „Hallelujah“ vorlegte und dem Song den ersten großen Schwung an Bekanntheit einbrachte. Für weitere, großflächige Verbreitung sorgte der charismatische Singer-Songwriter Jeff Buckley. Tatsächlich aber war es der grüne Oger „Shrek“, dessen Soundtrack „Hallelujah“ enthielt und damit endgültig die Massen erreichte. Danach gab es kein Halten mehr. Unzählige Interpreten und Interpretinnen machten sich in allen Sprachen über „Hallelujah“ her und erstürmten damit die Charts. „Hallelujah“ wurde zum popmythologischen Dauerbrenner und tauchte in Fernsehserien, Filmen und Bestenlisten auf.
Die US-Doku-Filmemacher Dan Geller und Dayna Goldfine haben der Karriere des Songs nun mit „Hallelujah: Leonard Cohen, A Journey, A Song“ (ab Freitag im Kino) eine Doku gewidmet.
„Die Idee kam bei einem Abendessen“, erzählt Dan Geller im KURIER-Gespräch: „Ein Freund von uns, der Filmhistoriker David Thomson, dachte darüber nach, ob es möglich wäre, einen Film über nur ein Lied zu machen.“
In diesem Moment stieg seiner Partnerin Dayna Goldfine, die Leonard Cohen bei einem Konzert im Jahr 2009 gesehen hatte, ein inneres Bild auf: „Ich sah Leonard Cohen vor mir, wie er im Alter von Mitte 70 auf die Knie ging und ,Hallelujah‘ sang. Da wusste ich: Das ist der einzige Song, von dem ich mir vorstellen kann, darüber einen gesamten Film zu machen. Und nicht nur des Liedes wegen, sondern auch wegen des Sängers.“
In ihrer Doku zeichnen die Filmemacher die verschlungenen Pfade der Entstehung und der Veröffentlichung von „Hallelujah“ nach und entwerfen bei der Gelegenheit auch ein vielseitiges Porträt von Leonard Cohen.
In Gesprächen mit Weggefährten, Journalisten und Freunden und Freundinnen, versuchen sie, den rätselhaften, mit Bibelversen aus dem Alten Testament gespickten Lyrics von „Hallelujah“ näher zu kommen. Besonders hilfreich in diesem Zusammenhang erwiesen sich glasklare Tonaufnahmen mit Cohen selbst, die der Musikjournalist Larry „Ratso“ Sloman in zahlreichen Interview-Sessions aufgenommen hatte: „Als er bei einem Abendessen nebenbei erwähnte, dass er irgendwo in seiner Wohnung in Downtown Manhattan noch eine Menge Kassetten mit Interviews mit Leonard Cohen herumliegen hatte, wusste er nicht, worauf er sich einließ“, lacht Dayna Goldfine. Von da an rückte sie ihm mit SMS-Nachrichten und Emails solange auf die Pelle, bis er die Tonaufnahmen ausgrub.
Leonard Cohen selbst hielt sich bei bohrenden Interpretationsfragen zur Bedeutung von „Hallelujah“ bedeckt: „Wenn ich wüsste, wo der Song herkommt, würde ich öfter an diesen Ort zurückkehren“, ließ er die Fragesteller wissen.
Geller und Goldfine räumen Cohens nahem Verhältnis zum jüdischen Glauben große Bedeutung für die Produktion seiner Texte und deren lyrischer Qualität ein: „Die jüdische Tradition ist eng mit der Sprache verbunden“, sagt Goldfine: „Cohen selbst spricht davon, dass im Judentum der Zweifel an Gott und am Glauben erlaubt ist. Ich glaube, diese Fähigkeit zu zweifeln ist einer der Gründe, warum uns sein Song so berührt.“
Ob er je daran gedacht habe, seinen jüdisch klingenden Namen Cohen abzulegen, wird Leonard Cohen einmal gefragt. Er könne sich Leonard September nennen, gibt Cohen scherzhaft zurück. „Er wusste natürlich, dass es Antisemitismus gab, aber er dachte keine Sekunde daran, seinen Namen zu ändern“, so Dan Geller: „Auch als er später die biblischen Verse in ,Hallelujah‘ zugunsten eines mehr säkularen Textes veränderte, war das seine persönliche Entscheidung.“
John Cale hatte sich in den langen Strophen von „Hallelujah“ die „frechen Verse“ herausgepickt, wie er in einem Interview erzählt, und das Alte Testament eher beiseitegelassen. Vicky Jenson wiederum, die Co-Regisseurin von „Shrek“, bezog sich für den Soundtrack des Animationsfilms auf die Version von Cale, „säuberte“ aber nach eigenen Angaben die Strophen von allzu expliziten sexuellen Anspielungen.
„Es ist diese Mischung aus Sexualität und Spiritualität, die ,Hallelujah‘ so faszinierend macht“, glaubt Dayna Goldfine: „Aber für mich ändert sich die Bedeutung auch mit meiner Stimmung. Leonard Cohen selbst hat bei seinen Konzerten die Strophen variiert. Auch für ihn war ,Hallelujah‘ flexibel.“
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