"Widerstand" gegen "linken Mainstream"
Die verfilmte Lebensgeschichte – die nun auch in den heimischen Kinos, eben ohne Pistole am Kinoplakat angelaufen ist –, war nur das Schlagobershauberl einer bemerkenswerten Entwicklung. Denn schon seit einiger Zeit wird Bonhoeffer, den viele wohl vor allem als Dichter des Kirchenlieds „Von guten Mächten treu und still umgeben“ kennen, mit falsch interpretierten Zitaten in den USA zu einer Symbolfigur der Neuen Rechten, genauer gesagt nationalistischer Evangelikaler stilisiert. Dafür gesorgt hat ein Biograf namens Eric Metaxas, ein Trump-Unterstützer, der die Widerständigkeit Bonhoeffers ihres geschichtlichen Kontexts entrissen hat und ihn als Vorbild dafür modellierte, dass man sich vom „linken Mainstream“ bis zum „Deep State“ – je nach Verschwörungstheoretikergrad – allem entgegenstellt, was nicht ins „Make America great again“-Weltbild passt. Notfalls auch mit Waffengewalt.
So etwas fällt auf fruchtbaren Boden bei Wählern, die Donald Trump für den „Erlöser“ der USA halten. Bonhoeffer hat mit einem uminterpretierten Zitat sogar Niederschlag im Manifest über einen radikalen Staatsumbau der USA, dem „Project 2025“ gefunden, das Ultrakonservative für Trump verfasst haben.
Schadensbegrenzung
Ein starkes Stück ausgerechnet für einen Mann, der von einem rechten Regime ermordet wurde, weil er sich dagegen gestellt hat. Nun kann man sich vom Film, der im deutschen Verleih ohne fetzigen Untertitel nur mehr „Bonhoeffer“ heißt und in dem namhafte deutsche Schauspieler wie Moritz Bleibreu, August Diehl und Jonas Dassler in der Titelrolle mitspielen, selbst ein Bild machen. Als Belangsendung für „MAGA“ würde man die Produktion nicht einschätzen. Sie nimmt sich großzügige Freiheiten in der Darstellung der historischen Ereignisse, dreht aber die Person Dietrich Bonhoeffer nicht um 180 Grad.
Drehbuchautor und Regisseur Todd Komarnicki beteuert, er hätte gegen die Pistole am Plakat gekämpft, aber die rechts-christliche Filmfirma Angel Studios sei nicht abzubringen gewesen. Er versucht nun im deutschsprachigen Raum Schadensbegrenzung und dreht im Gespräch mit der dpa die gewünschte Interpretation der Geschichte wieder um: „Es ist schockierend aktuell“, sagt Komarnicki. „Als ich das Drehbuch schrieb, war der wachsende Trumpismus bereits eine drohende Gefahr, aber es gab noch nicht den harten Rechtsruck, den wir jetzt weltweit sehen.“ Diese Entwicklung sei „zutiefst besorgniserregend“, aber auch eine „unglaubliche Gelegenheit“, sich wie Bonhoeffer gegen Faschismus, für Nächstenliebe und Menschlichkeit einzusetzen.
Und so ist „Bonhoeffer“ plötzlich ein Film für Trump-Fans und Trump-Gegner – ein Dokument unserer bizarren Gegenwart.
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