Elektro-Pionier und Komponist Dieter Kaufmann gestorben

Komponist Dieter Kaufmann
Dieter Kaufmann schulte Generationen von Komponisten in experimenteller Musik.

Er war Österreichs Pionier der Elektroakustik, ein Komponist, der die Dogmen seiner Zunft ebenso infrage stellte wie gesellschaftliche Glaubenssätze, und der angehende Tonsetzer an der Wiener Musikuniversität zu Experimenten ermutigte: 

Am Dienstag (23. September) ist Dieter Kaufmann im Alter von 84 Jahren gestorben, wie seine Familie bekannt gab. Damit verabschiedet sich ein Wegbereiter des Elektroklangs in Oper, Chor oder Kirchenmusik für immer.

Geboren wurde Kaufmann am 22. April 1941 in Wien, wuchs aber in Kärnten auf. Er studierte Germanistik, Musikerziehung und schließlich Komposition bei österreichischen Größen wie Gottfried von Einem und Karl Schiske. Darauf folgten Studienjahre in Paris bei musikalischen Vorbildern wie René Leibowitz, Olivier Messiaen und François Bayle. Gemeinsam mit seiner Frau, der Sängerin und Schauspielerin Gunda König, gründete er 1975 das K & K Experimentalstudio in Wien. Neben Engagements als Chorsänger an den Wiener Opernhäusern arbeitete Kaufmann als Journalist und leitete von 1983 bis 1990 die Kompositionsklasse am Kärntner Landeskonservatorium. Von 1991 bis 2006 hatte er eine Kompositionsprofessur an der Wiener Musikuniversität inne und war dort Leiter des Instituts für Elektroakustik und Experimentelle Musik.

Sozialkritisches Engagement von Dieter Kaufmann

Viele Arbeiten von Kaufmann waren von sozialkritischem Engagement getragen: "Der Tod des Trompeters Kirilenko" ist zum Beispiel ein Gedenkstück für einen von Nationalsozialisten ermordeten Musiker. Für Aufsehen sorgten auch seine Kollaborationen mit heimischen Literaten: Für das Mozart-Jahr 2006 komponierte Kaufmann nach einem Libretto von Josef Winkler das "Requiem für Piccoletto", in der Neuen Oper Wien wurde 2008 "fuge - unfug - e" nach Elfriede Jelineks Theaterstück "er nicht als er" uraufgeführt.

2020 war Kaufmann beim Festival "Die Verbesserung der Welt" des sirene Operntheaters mit der Uraufführung der Kammeroper "Ikarus" nach einem Text von Thomas Arzt vertreten. "So einfach lässt sich die Verbesserung der Welt musikalisch gar nicht darstellen. Wie in der Politik geht es auch in der Musik um die Überwindung von lieb gewordenen Gewohnheiten: Um die Befreiung vom Tonika-Dominante-Denken, ohne auf den Dreiklang als akustisches Phänomen oder auf den Leitton am Ende einer Phrase zu verzichten", ließ Kaufmann dazu programmatisch verlauten: "Der gegenwärtige Trend, Musik als Mittel zur Unterhaltung statt als Lebensmittel zu sehen, läuft parallel zur Rolle des Konservativismus in der Kunst überhaupt, zur Ablehnung einer kritischen Auseinandersetzung von Künstlerinnen und Künstlern mit der Gegenwart, ja, zu einer Ablehnung alles Ungewohnten, Fremden oder fremd Wirkenden, zu jeder Form der Veränderung auch in der Politik?"

Hoch dekoriert

Mit seinen Produktionen war Kaufmann in ganz Europa auf Tournee. Auf Einladung spielte er auch in Nord- und Lateinamerika, in Ägypten und Taiwan. Der Künstler erhielt für seine Opern, Kammermusik, Chormusik, Klavier- und Orgelmusik aber auch für die elektroakustischen Kompositionen und Computermusik zahlreiche Auszeichnungen, etwa den Kompositionspreis beim Steirischen Herbst 1975, den Ernst-Krenek-Preis der Stadt Wien 1990, den Preis der Stadt Wien für Musik 1991 oder den Würdigungspreis des Bundes 1996. 2008 wurde ihm der Kärntner Landeskulturpreis zuerkannt.

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