Die Walküren müssen wieder in den Schönheitssalon

Walküre / Bayreuther Festspiele
Der erste Tag von Richard Wagners Bühnenfestspiel, "Die Walküre", wurde bei den Bayreuther Festspielen gefeiert.

Es ist schön, wie der österreichische Regisseur Valentin Schwarz seine Inszenierung des "Ring des Nibelungen", die 2022 erstmals bei den Bayreuther Festspielen zu sehen war, über die Jahre weiterentwickelt hat. Einige Dinge erklären sich aber auch bei der dritten Wiederaufnahme nicht, was schade ist, weil es dadurch einer guten Arbeit Logik und Plausibilität nimmt. Klar ist jedenfalls der (überzeugende) Grundgedanke: die Vermenschlichung der Heldensage (selbst Brünnhildes Pferd Grane ist hier ein Mann) innerhalb des Wotan-Clans.

Walküre / Bayreuther Festspiele

Der Göttervater ist eine Art Obermafioso, der überall Kinder zeugt, offenkundig auch mit Sieglinde. Seine Ehe mit Fricka ist sehr traurig, Hunding ist sein Hausmeister, er zerbricht darüber, dass er Brünnhilde bestrafen und wegsperren muss. Womit wir bei einem der größten Vorzüge dieser Inszenierung sind: Die Personenführung ist fabelhaft, die Sänger (allen voran Wotan) agieren im Stil von Schauspielkönnern. All das zu beobachten, ist so spannend wie eine packende Fernsehserie, die Message klar: Der Kampf um die Macht passiert gerade auf der Erde und nicht zwischen Walhall und Nibelheim. Wotan ist der Oligarch, all seine Frauen/Walküren haben es lustig im Schönheitssalon, weil sie ebenfalls zu intensiv falschen Werten nachlaufen.

Zum letzten Mal ist diese "Ring"-Inszenierung nun in Bayreuth zu sehen. Im kommenden Jahr übernimmt Künstliche Intelligenz und macht aus all den bisherigen "Ring"-Produktionen etwas Neues. Das muss erst einmal besser werden als die Arbeit von Schwarz.

Dirigentisch ist dieser "Ring" jedenfalls top, dank Simone Young im in Bayreuth nicht sichtbaren Orchestergraben. Sie legt "Die Walküre" im ersten Akt sehr romantisch an und macht sie zur großen Liebesoper, was sie ja auch ist. Sie macht mit den fabelhaften Musikern jedes Detail hörbar, schafft es aber dennoch, einen überzeugenden Bogen zu entwickeln. Dem Walkürenritt nimmt sie die abgenutzte Vordergründigkeit, das Finale, bei dem Wotan minutenlang einsam am Boden kauert, zaubert sie hinreißend schön in das klanglich so grandiose Theater.

Manche Tempi sind sehr langsam, mit Sängern wie Tomasz Konieczny als Wotan funktioniert das aber. Er hat so unendlich viel Kraft, dass man sich nicht wundern würde, wenn es die ganze Partie gleich anschließend Da capo sänge. Er ist ein ausgezeichneter Göttervater und ideal in dieser Produktion.

Walküre / Bayreuther Festspiele

Michael Spyres, der zwei Tage zuvor noch Stolzing in den "Meistersingern" gesungen hatte, besticht nun auch als Siegmund. Mit baritonalem Timbre, sehr guter Höhe, tollen "Wälse"-Rufen, phänomenalen "Winterstürmen" und stets schöner Phrasierung. Vitalj Kowaljow steht als mächtiger Hunding seinen beiden Kollegen kaum nach.

Die Damen fallen diesfalls vergleichsweise ab, wenngleich Christa Mayer als Fricka eine beeindruckende Rollengestaltung als Herrin im Haus abliefert. Jennifer Holloway singt die Sieglinde durchaus berührend, in den dramatischen Ausbrüchen aber recht schrill. Catherine Foster als Brünnhilde hat in ihrer Karriere hörbar schon viel forciert, was man ihrer Stimme anmerkt.

Die Walküren singen solide und werden vom Publikum akklamiert wie sämtliche Beteiligten des Abends. Bei Konieczny erreicht der Jubel, passend zu einem Gott, den Höhepunkt.

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