Die Steinplatte und das Ziergras

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Der neue Barbara-Prammer-Weg verdient die Bezeichnung "Park" nicht. Und sagt viel über Wiens Umgang mit öffentlichem Raum aus.

Sehr geehrtes Kulturamt!

Ich weiß nicht, ob Sie dafür zuständig sind, aber ich habe mich sehr über die Eröffnung des Barbara-Prammer-Parks an der Rechten Wienzeile beim Naschmarkt gefreut. Ich möchte diesen gelungenen neuen Grünraum als Wiener Beitrag zur weltberühmten Chelsea Flower Show einreichen. Die Royal Horticultural Society soll einmal sehen, wie die Wiener Politik mit Parks umgeht. Da kann selbst das Gartenland England nicht mithalten.

Mit floralen Grüßen, U. S.

Sehr geehrte U. S.,

vielen Dank für Ihr Schreiben bzw. Ihre Einreichung, deren Erhalt wir hiermit bestätigen (Geschäftszahl 10/2025). Wir sind leider für Schaffung von Grünraum und Stadtplanung behördlich nicht zuständig und können Ihnen auch nicht zur Kenntnis bringen, wer das denn sei. Weder intern, noch öffentlich hat sich uns das je erschlossen. Wir vermuten, dass die Stadt Wien jemanden hat, der so etwas nicht nur plant und umsetzt, sondern auch gut findet, leider endet aber auch für uns diesbezüglich Kritik oder Lob stets im Nichts.

Wir freuen uns, dass Sie die Royal Horticultural Society (RHS) erwähnen, das belegt, dass Sie sich bei Gartenkultur auskennen. Beim Thema Kultur sind Sie ja bekanntermaßen richtig bei uns. Wir können uns nicht vorstellen, dass die RHS einen mit den üblichen Steinplatten (wahrscheinlich gab es diese wieder im Sonderangebot) gepflasterten Weg mit Ziergräsern dazwischen bei der Chelsea Flower Show dem öffentlichen Urteil aussetzen würde.

Unserem Kunstverständnis nach verdient ein „Park“ diesen Namen nur, wenn man das Grün zumindest mit einer Zehe betreten könnte. Beim Barbara-Pammer-Park herrschte bei einem derartigen Versuch akut Verletzungsgefahr am Staketenzaun. Wir im Kulturamt, die Grünraum schätzen, verstehen nicht, warum vice versa die Planer von Grünraum die Kultur so gar nicht schätzen, also keinerlei Wert auf Ästhetik legen. Wenn an diesem Ort, wo es im Sommer erfahrungsgemäß sehr heiß wird, ein Schatten geworfen wird, dann nur einer über den guten Geschmack.

Unseren Akten zufolge ist diese „Park“-Gestaltung kein Einzelfall, da steckt mutmaßlich System dahinter. Man gibt sich zwar grün, will das Grüne, so scheint es, aber nicht nur politisch gar nicht. Verzeihen Sie die Offenheit, aber Sie haben ein Herzensthema von uns angesprochen. Schon deshalb können wir Ihre Einreichung nicht unterstützen, wir wollen uns ja unter Gartenliebhabern nicht blamieren. Außerdem würdigt sich die Stadt Wien für ihre Projekte ausreichend selbst.

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