Die Filme von Willi Forst im Heimkino: Ein Mann, der gefällt
Der schwarze Frack sitzt ihm wie angegossen, die Brillantine hat sein Haar fest im Griff und den Tanzschritt beherrscht er wie kein zweiter. Wenn er im Dreivierteltakt über das Parkett gleitet, werden die Damen in seinen Armen schwach.
„Sie sind ein interessanter Mann. Und boshaft …“ sagt eine singende Kammerzofe, die ihn in einem Revuetheater antrifft – und nennt ihn kurzerhand „Bel Ami“.
„Bel Ami“ – das ist Willi Forst, der Inbegriff des charmanten Wieners, der Walzerseligkeit, der Melancholie und der Champagnerlaune.
Als Schauspieler, Regisseur und Produzent hat Willi Forst mehr als drei Dekaden österreichischer und deutscher Filmgeschichte geprägt. Seine Karriere begann noch im Stummfilm, beispielsweise im „Café Elektric“ (1927), wo er als zwielichtiger Strizzi mit zurückweichenden Geheimratsecken und öligem Lächeln die noch gänzlich unbekannte Marlene Dietrich über die Tanzfläche schiebt.
Doch es war die Tonfilmära, in der er mit seiner weichen Stimme zum Herzensbrecher der musikalisch-komödiantischen Filme der 1930er- und 40er-Jahre avancierte: „Du hast Glück bei den Frauen, Bel Ami“, singt Forst über jene einschmeichelnde Männerfigur, die zu seinem Markenzeichen wurde: „Bist nicht schön, doch charmant, bist nicht klug, doch sehr galant, bist kein Held, nur ein Mann, der gefällt.“
Ursprünglich hatte Willi Forst die Rolle des „Bel Ami“ in seinem Film von 1939 eigentlich Adolf Wohlbrück geben wollen, doch dieser war bereits 1936 nach England ausgewandert. So spielt Forst den geschmeidigen Polit-Karrieristen und Frauenverführer „Bel Ami“ selbst und schläft sich als mittelmäßiger Journalist durch die Betten der Pariser Gesellschaft hinauf bis zum Posten des „Kolonialministers“.
Adolf Wohlbrück, einer der attraktivsten Männer seiner Zeit, hätte es kaum besser machen können. Mit unvergleichlicher Eleganz hatte er bereits 1934 einen begehrten Gesellschaftsmaler in Willi Forsts wohl bestem und berühmtestem Film „Maskerade“ verkörpert. Paula Wessely bekam darin ihre erste Filmrolle und wurde schlagartig berühmt. Auch andere Fixsterne am Schauspielhimmel, wie Hans Moser als Gärtner und Olga Tschechowa als schießwütige Geliebte, trugen zum Glanz von „Maskerade“ bei. Das Drehbuch stammte von dem jüdischen Drehbuchautor Walter Reisch, Cousin von Georg Kreisler, und sorgte mit witziger Doppeldeutigkeit für ein amouröses Verwirrspiel in der Wiener Gesellschaft.
„Maskerade“ wurde zum Inbegriff des „Wiener Films“, einem Genre, das mit Musiker-Biografien und Gesellschaftskomödien gerne in vergangene Zeiten eintauchte; einen wunderschönen Wiener Dialekt – trainiert am Burgtheater oder im Theater in der Josefstadt – pflegte; und mit Regisseur Willi Forst seinen weltvergessenen Meister fand.
Forst-Filme wie „Leise flehen meine Lieder“ (1933), „Burgtheater“ (1936), „Operette“ (1940), „Wiener Blut“ (1942) und „Wiener Mädeln“ (1945) trugen ihr eskapistisches Programm bereits im Titel. Auch nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland setzte Forst mit resignativer Selbstbezüglichkeit auf die Behauptung österreichischer Identität: „Meine österreichischsten Filme machte ich in einer Zeit, als Österreich zu existieren aufgehört hatte“, rechtfertigte er später seine Rolle als erfolgreicher Filmemacher während des Nationalsozialismus.
Unerwünscht
Anders als Willi Forst gerieten nach der Machtübernahme Hitlers in Deutschland jüdische Filmschaffende unter Druck und wurden ins Exil gezwungen. Die ab 1933 in der deutschen Filmproduktion geltenden, antisemitischen Bestimmungen wurden ab 1935 zunehmend auch in Österreich angewandt. Trotzdem galt das Land mit seiner deutschsprachigen Filmproduktion einige Jahre als temporärer Fluchtort des deutschsprachigen Emigrantenfilms. Jüdische Emigranten aus Deutschland gründeten in Österreich Filmfirmen, um unabhängig vom deutschen Markt produzieren zu können. Es entstand „der andere Wiener Film“ des „unerwünschten Kinos“, das parallel zu den Filmen von Willi Forst ebenfalls im digitalen Heimkino des Filmarchivs Austria abrufbar ist.
Mit „Salto in die Seligkeit“ (1934) wurde der erste, von Nazi-Deutschland unabhängige Spielfilm in Österreich produziert. Er entstand unter starker jüdischer Beteiligung und wurde in Hitler-Deutschland nicht herausgebracht. Der hinreißende Liebesfilm „Tagebuch der Geliebten“ (1935) wurde als einer der letzten Emigrantenfilme in Österreich gedreht. Regie führte Hermann Kosterlitz, der später als Henry Coster in den USA Karriere machte.
Adolf Wohlbrück wiederum trat zum letzten Mal 1936 in einem Film von Willi Forst auf: In „Allotria“, einer spritzigen Screwball-Komödie, teilt er sich ausgerechnet mit Heinz Rühmann eine Geliebte. Am Ende des Verwechslungsspiels verlässt er mit einem Schiff Europa. Das schönste Lied zum Lebewohl aber singt Hans Moser in Willi Forsts „Burgtheater“: „Sag beim Abschied leise Servus ...“
Willi Forst
Nur noch am Donnerstag laufen „Maskerade“ und „Burgtheater“; dann folgen „Allotria“ (12.–18. 2.), „Bel Ami“ (19.–25. 2) und „Wiener Blut“ (26. 2.–4. 3.)
Der andere Wiener Film
Ebenfalls nur noch am Donnerstag: „Salto in die Seligkeit“; dann folgen „Tagebuch der Geliebten“ (12.–18. 2.), „Katharina, die Letzte“ (19.–25. 2.) und „Unerwünschtes Kino“ (bis 4.3.)
Digitales Heimkino
www.filmarchiv.at
Kommentare