Die „Einsager“ einer neuen Zeit: Am Gängelband digitalen Kreaturen

Den Studierenden des Max Reinhardt Seminars stehen für ihre Inszenierungen nur minimale Budgets zur Verfügung. Trotzdem gelingen ihnen erstaunliche Produktionen. Den jüngsten Beweis erbrachte Bianca Thomas mit der Uraufführung ihres Szenenreigens „K.I. und Abel“ als Diplominszenierung auf der Neuen Studiobühne.
Für ihre Beschäftigung mit den Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz und Virtual Reality auf die Menschen – ChatGPT steuerte viele hohle Sätze und wortreiche Erklärungen bei – ersann die Regisseurin eine raffinierte White Box, die im Laufe der 65-minütigen Aufführung immer wieder in satten Farben erstrahlt. Und aufgrund der verschiebbaren Wände gelingen – ganz analog – etliche Überraschungen.
Bianca Thomas schreibt in gewisser Weise „Kaspar“ von Peter Handke fort: Auch in ihrer Sprechoper, garniert mit aktuellen Schlagwörtern, gibt es „Einsager“ – eben aus der digitalen Welt. Die Menschen, die auf ihre Smartphones (in Form alter Taschenlampen) starren, werden zu manipulierten Geschöpfen – lasch, willenlos, am Gängelband. Herausragend gelungen ist die Parallelszene, in der sich ein Mann seine Sexpuppe generiert, und jene, in der ein Mann an der dauerlächelnden KI-Psychotherapeutin verzweifelt. Aus dem siebenköpfigen, äußerst klar artikulierenden Ensemble stechen Seide Noffke, Sarah Wockenfuß und Simon Schofeld heraus. Bis 20. 1.
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