"Die Borgias" in Melk: Sex, Gift und „Biene Maja“
Sonnenbrillen und bausteinhafter Hintergrund (Bühne: Maximilian Lindner): Pippa Galli, Alexander Strobele und Patrick Seletzky
Als schillerndes Sinnbild für Grausamkeit, Intrigen und Vetternwirtschaft halten sich die Borgia nun schon seit mehr als fünfhundert Jahren. Die aus Spanien stammende, aber in Italien Ende des 15. Jahrhunderts zu Macht gekommene Adelsfamilie fand daher auch Niederschlag in mehreren TV-Serien. Für die Sommerspiele Melk und ihren Hang zu Historiendramen ist der Stoff wie gemacht. Stephan Lack schrieb die Bühnenversion, die sich hauptsächlich dem niederträchtigen Schaffen des Rodrigo Borgia widmet, der sich 1492 zum Papst Alexander VI. wählen ließ.
Strobele und Galli
Alexander Strobele spielt den würdelosen Würdenträger, der nicht nur seine Kinder als Werkzeuge einsetzt, und ist dabei der einzige Schauspieler in der Wachauarena, der keine Mehrfachrollen übernehmen muss. Im fein gesponnenen Netz der Intrigen wird es mitunter unübersichtlich. Regisseur Sarantos Zervoulakos schlägt aus den vielen Kostümwechseln aber inszenatorisches Kapital, das mit viel Ironie zur Schau gestellt wird.
So führt Cesare Borgia (gespielt von Stefano Bernardin) seinen Micheletto wie einen bissigen Hund im Sado-Maso-Kostüm spazieren. Gabriel Oceano Schlager tritt später auch als Juan Borgia und als Leonardo da Vinci auf – da trägt er immer noch einen lächerlich wirkenden Muskelanzug.
Bernardin und Schlager
Ränkespiele
Amüsantes Zentralgestirn der Handlung sind Columbina und Hellequin, das Urpaar der Commedia dell'Arte. Die beiden schließen eine Wette darüber ab, wie die Ränkespiele aus Sex, Gift und Rock’n Roll ausgehen und führen durch die Handlung – mit historischem Namedropping. Pippa Galli spielt neben Columbina auch noch Giulia Farnese, Dienerin Penthesilea und Machiavelli. Patrick Seletzky wiederum ist auch als Burckard, Pedro, Alfonso und Kopernikus im Einsatz. Ebenfalls überzeugend: Petra Staduan als Lucrezia Borgia, die im Zentrum der strategischen Heiratspolitik steht.
Galli und Seletzky
Körpereinsatz
Von der Gewalt wird nur erzählt, die Geschichte gewinnt vor allem durch knackig geschriebene Dialoge an Tempo – und mit Körpereinsatz: Kletterei, Sprünge und eine Bettszene, in der alle sinnbildlich unter einer Decke stecken.
Musikalisch spannt sich der Bogen zwischen bedrohlichen Klängen, an TV-Soaps gemahnende Musik und einem gar seltsamen Intro: „In einem unbekannten Land, vor gar nicht allzu langer Zeit“. Zur Musik der „Biene Maja“ wird gesungen: „Die Familie , die ich meine, nennt sich Borgia.“
Warum man an zwei, drei Stellen in die Schublade Maturaballeinlage greift, wo doch der Pop-Appeal des ganzen ansonsten recht ansehnlich umgesetzt wird, bleibt ein Rätsel.
Buch: Stephan Lack; Regie: Sarantos Zervoulakos; mit Alexander Strobele, Pippa Galli, Stefano Bernardin, Petra Staduan, Patrick Seletzky, Gabriel Oceano Schlager, Alexandra Maria Timmel, Sebastian Pass. Sommerspiele Melk, Wachauarena. Weitere Vorstellungen bis 27. Juli.
Der zeitgeschichtliche Hintergrund lässt sich bei Bedarf im Programmheft nachlesen oder auch bei einem Vortrag "Die Borgias. Tatort Heiliger Stuhl" am Freitag, 14. Juni, um 18.00 Uhr im Stift Melk vertiefen. Wer für die Anfahrt zur Wachauarena den Pkw wählt, sollte rechtzeitig vor Ort sein, um in Stadtnähe einen Parkplatz zu finden, denn in der Rollfährestraße gilt Parkverbot.
Als zweite Produktion folgt ab 3. Juli die Musikrevue "Simply the best - In der Schickeria". Für 2025 kündigen die Sommerspiele Melk ein Schauspiel von Michael Köhlmeier an: "Die Unaussprechlichen".
Infos und Tickets: wachaukulturmelk.at
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