Die scheidenden Intendanten Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber bilden die virulenten Debatten in (Rahmen-)Programmen ab. Präsentiert werden etwa der Input einer Arbeitsgruppe zum Thema Kinderschutz oder Diskussionen zu feministischen Strategien im österreichischen Film – exemplarisch dargelegt in Katharina Mücksteins anschaulicher Doku „Feminism WTF“.
Für Aufbruch und Umbruch sorgt auch die Einführung eines neuen Filmfördersystems, das verstärkt Anreiz für internationale Filmproduktionen in Österreich bietet. Im Zuge dieser positiven Entwicklungen offenbart sich allerdings ein eklatanter Mangel an heimischen Fachkräften in vielen Filmdepartments (wie Ton, Licht, etc.).
Welche Strategien sich entwickeln lassen, um das Manko an Nachwuchskräfte zu beheben, steht auf der Debattenliste an höchster Stelle.
Keinen Mangel hingegen lässt das höchst diverse Filmprogramm der Diagonale erkennen. Vielmehr zeigt es sich in seiner schönsten Bandbreite – von radikal experimentellen Formaten bis hin zu sympathischer Mainstream-Unterhaltung.
Einen Gang ins Fegefeuer der Obszönitäten tritt der Filmemacher Norbert Pfaffenbichler im zweiten Teil seiner rauschhaften Katakomben-Trilogie „2551.02 – The Orgy of the Damned“ an. Er taucht tief ein in das Schattenreich eines „Kinos der Attraktionen“, das vom expressionistischen Stummfilm ebenso geprägt ist wie von den verpönten Genres Horror und Porno.
Pfaffenbichlers Höllentrip spielt ausschließlich in einer Keller-Unterwelt, bevölkert von perversen, oft gänzlich deformierten Gestalten. Sie alle tragen Masken, die ihre Gesichter verdecken oder entstellen. Ein Affenmann sucht nach einem verlorenen Kind und kämpft sich durch das „Arsenal der eigenen Albträume“, wie der Regisseur dem gebannten Publikum verriet.
Während sich Pfaffenbichler durch die düstere B-Seite der Kinogeschichte ackert, schlägt Franziska Pflaum in ihrem Spielfilmdebüt „Mermaids don’t cry“ einen betont heiteren Tonfall an – sichtlich darum bemüht, österreichischem Sozialrealismus mit einer utopisch-ironischen Erzählhaltung zu begegnen. Stefanie Reinsperger spielt mit violett gefärbten Haaren eine Supermarkt-Kassiererin, die ihren eintönigen Alltag im Wiener Gemeindebau mit einer farbenfrohen Fantasie konterkariert: Sie träumt sich in die Gestalt einer Meerjungfrau am Grunde eines bunten Korallenriffs.
Der Dokumentarist Andreas Horvath schließlich ging während der Pandemie in den geschlossenen Salzburger Tiergarten: In „Zoo Lock Down“ beobachtet er die tierischen Bewohner, befreit vom Gaffen schaulustiger Besucher. Braunbären machen ein Nickerchen, Affen johlen, und ein Wärter badet im Piranha-Becken, um das Aquarium zu putzen. Was witzig beginnt, wird zunehmend absurder im menschenleeren Zoo und dem Leben seiner Tiere – im permanenten Lockdown.
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