Des Sonnenkönigs lange Schatten

Des Sonnenkönigs lange Schatten
Opulente Biografie über den französischen König Ludwig XIV.

Den berühmten Satz „L’Etat c’est moi – der Staat bin ich“ soll Ludwig XIV. tatsächlich selbst nie gesagt haben. Und doch war er es – die Gewalt, die Macht, das oberste Gesetz, grausamer Kriegsherr, Staatskirche, Zentrum höfischer Hochkultur, alles vereint in einer Person: der Sonnenkönig – quasi der strahlende Mittelpunkt des französischen Universums, das Ludwig XIV. mehr als fünf Jahrzehnte regierte.

Biografien über den absolutistischen Herrscher gibt es zur Genüge. Jene des im Vorjahr verstorbenen Historikers und Publizisten Johannes Willms besticht mit nüchterner Distanz zu einem Monarchen, um den herum es an Lobpreisungen nie mangelte. Immer wieder zerpflückt der Biograf des Königs kenntnisreich la gloire und la grandeur, die Ludwig XIV. als wichtigstes Vermächtnis schienen: Ruhm des Königs, das bedingte Respekt, und den forderte Ludwig XIV. stets, nötigenfalls mit Gewalt, ein.

Krieg und Verwüstung

„Ihr Land zu vergrößern ist die würdigste Beschäftigung der Herrscher“, schrieb der König 1688 an seinen militärischen Befehlshaber de Villars. Für die Eroberten war es eine nicht enden wollende Katastrophe. Unzählige Dörfer haben Ludwigs Truppen in den rund 30 Kriegen der sonnenköniglichen Herrschaft vernichtet, ganze Städte wie Mannheim und Speyer dem Boden gleich gemacht. Unterwerfung oder Tod, lautete die Botschaft des Königs. Sein Ziel bestand darin, Frankreich zu vergrößern, so viel Gebiet wie möglich zu gewinnen – beschönigend wurde dies als „Wiedervereinigung“, „réunion“, verkauft.

Egomanie

Von einer „ausgeprägten Egomanie des Herrschers“ schreibt Willms, „die sich nicht zuletzt in der von ihm inspirierten Schöpfung und Ausgestaltung von Schloss und Park von Versailles manifestiert“. Das Prunkschloss sollte ein grandioses Abbild von Ludwigs Macht werden.

Was der König nie war: eine private Person. Detailreich – bisweilen sogar ein wenig zu viel – beschreibt der Autor die Selbstinszenierung des Monarchen. Vom zelebrierten Aufstehen, dem petit lever, das jeden Morgen von Dutzenden Dienern und Ärzten eingeleitet wurde, bis zum königlichen Stuhlgang. Auf dem perforierten Sessel für seine Notdurft sitzend pflegte der König auch gleich die ersten Besucher zu empfangen.

Von den nicht wenigen Momenten abgesehen, an denen sich der Frauenfreund Ludwig den Freuden der Liebe hingab, war jeder Moment des Königs für die Öffentlichkeit bestimmt.

Als Ludwig XIV. starb, war Frankreich pleite, seine Untertanen hungerten, das Land entvölkerte sich. Und doch meinte sein Bewunderer Voltaire: Die Epoche des Sonnenkönigs sei die einzige Weltgeschichte gewesen, die der Perfektion nahekomme.

Des Sonnenkönigs lange Schatten

Johannes Willms: „Louis XIV“, C. H. Beck, 532 Seiten, 36 Euro

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