Schmeckt wie in Omas Küche

In den Kühlregalen der Supermärkte gibt es seit einiger Zeit die Limited Edition "Fru Fru wie damals", also stichfeste Sauermilch. Schmeckt altmodisch und gut.
Im Opernregal könnte sich Otto Schenk Ähnliches erfolgsversprechend patentieren lassen: Inszenierungen wie damals, hieb- und stichfest, altmodisch und gut.
So jedenfalls wirkt die Neuproduktion der Oper "Das schlaue Füchslein" von Leoš Janáček an der Wiener Staatsoper. Es handelte sich bei der Inszenierung des soeben 84 Jahre alt gewordenen Opernfuchses um seine Rückkehr mit einer Premiere an den Ring nach 26 Jahren. Im Prinzip schloss diese aber genau dort an, wo er mit der "Zauberflöte" aufgehört hatte: bei einem Märchen mit prachtvollen Tierkostümen.
Bilderbuch
Die Premierengäste liebten es, die Besucher der Folgeaufführungen, egal, ob groß oder klein, werden es lieben, weil es mundet wie in Omas Küche. Man fühlt sich in alte Zeiten zurückversetzt und blättert nebenbei im Opern-Bilderbuch.
Kritisch könnte, nein muss man aber anmerken, dass Schenk bei seiner linearen, erwartungsgemäß klassischen, traditionalistischen Erzählform jeden Ansatz von Analyse, von tieferer Interpretation ausspart. "Das schlaue Füchslein" würde in dieser Inszenierung ebenso ins Kinderzelt am Operndach passen. Dabei ist die Geschichte vom ewigen Kreislauf der Natur, der auch durch den Mensch nicht gestört werden kann, nicht annähernd so harmlos. Es geht um Sehnsüchte der Menschen, um die Unverdorbenheit der Natur, um den Kontrast, außerdem um Liebe und Tod. Wenn das Füchslein stirbt, könnte das traurig wie "Bambi" sein, lässt einen aber erstaunlich kalt.
Szenenbilder aus "Das schlaue Füchslein"
Reicher Zitatenschatz
Innovativ ist diese Regie freilich nicht, sondern ein Wühlen im Zitatenfundus. Allein im Haus am Ring hat er ja in 50 Jahren 31 Werke inszeniert. Wenn man so will, erweist sich Schenk damit selbst eine Hommage – mit aufwendigster Unterstützung der Hauses.
Fabelhaft sind das Bühnenbild und die Kostüme von Amra Buchbinder, die zum ersten Mal an der Staatsoper für die Ausstattung verantwortlich zeichnet. Die Tiere sind liebe- und humorvollst gestaltet, die Bühne zeigt bewegliche Bäume eines Waldes und changiert zwischen Realismus und Märchenwelt. Buchbinder stellt dem Regisseur den idealen Raum zur Verfügung, in dem er nur ein bisschen arrangieren und auf die Frage, wie man denn die rebellierenden Füchse auch lesen könnte, nicht eingehen muss.
Etwas problematisch ist die Akustik, vor allem für Chen Reiss als Füchslein Schlaukopf mit ihrem nicht allzu großen Sopran. Mit klarer Höhe und schöner Intonation kann sie aber überzeugen. Schenk hat mit ihr choreografisch gut gearbeitet, sie bewegt sich durchaus fuchs-ähnlich, eine Personenführung ist das aber noch nicht.
Gerald Finley ist mit seinem schön timbrierten, Don Giovanni geeichten Bariton eine gute Besetzung für den Förster, Donna Ellen eine seriöse für seine Frau, Wolfgang Bankl eine mächtige für den Wilddieb Harašta, Hyuna Ko eine exzellente für den Fuchs. Sehr amüsant ist der Kurzauftritt von Heinz Zednik als Hahn, der gleich wieder abgekragelt wird.
Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst dirigiert das Staatsopernorchester, das dieses Werk erstmals spielt, sensibel, auf Farbenpracht und Lyrismen fokussiert. Man vernimmt die großen Bögen, etwa in den Zwischenspielen, ebenso erfreut wie kleinste, klangmalerische Details, bei denen man etwa den Flügelschlag der Libellen zu hören glaubt. Welser-Möst erweist sich einmal mehr als idealer Dirigent für dieses Repertoire und sein Janáček-Zyklus als Erfolg.
Und was die Regie betrifft, reden wir ja von einer Limited Edition.
KURIER-Wertung:

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