Das Salzburger Kurzopern-Festival

Am Ende gab es großen Applaus für eine musikalisch fabelhafte Aufführung. Vielleicht fiel er auch deshalb so heftig aus, weil das Publikum nach einer Spieldauer von lediglich 70 Minuten noch gerne ein bissl sitzen blieb. Jedenfalls wurde ein immer wieder gefordertes Festspielkriterium an diesem kurzen Nachmittag in der Felsenreitschule erfüllt: Einzigartigkeit. Denn diese Produktion war nur das eine Mal in Salzburg zu erleben.
Dirigent Thomas Hengelbrock brachte mit dem von ihm gegründeten Balthasar-Neumann-Ensemble und dem Balthasar-Neumann-Chor Henry Purcells Oper "Dido and Aeneas" zur Aufführung: klangschön, sensibel, farbenprächtig und so gut geprobt, dass das Finale sogar im Dunkeln, nur mit Feuerschalen auf der Bühne, musiziert werden konnte.
Nicht abendfüllend
Da die etwa um 1688 uraufgeführte dreiaktige Oper generell nur eine knappe Stunde dauert, wurde ein Prolog von Hengelbrocks Partnerin Johanna Wokalek hinzugefügt: frei nach Motiven von Giovanni Francesco Busenello, Vergil und Nietzsche. Auch musikalisch gab es Erweiterungen, von Francesco Cavalli und Johann Christoph Pezel. Abend- (oder nachmittags-)füllend wurde es dadurch nicht. Es wirkte etwa so, als würde man nur den "Bajazzo" oder nur eine Oper aus Puccinis "Trittico" spielen (was so gut wie kein Opernhaus macht). Der inhaltliche Sinn der Expansion war die Betonung der Figur der Sorceress, der Zauberin, welche die Liebe zwischen Dido und Aeneas zerstört. Das Böse wird noch stärker zur treibenden Kraft.
Wokalek ist aber nicht nur als Sprecherin ihrer selbst montierten Texte, sondern auch als Sängerin der Partie der Zauberin zu hören, womit ihr der dirigentische Ehemann nichts Gutes tat. Aber innerfamiliäre Besetzungen sind ja hierzulande gang und gäbe. An Wokaleks großer Bühnenpräsenz ändert das nichts.
Kate Lindsey ist eine berührende, elegant phrasierende Dido mit dunklem Timbre, Benedict Nelson ein Aeneas mit nicht allzu großem Bariton. Der Chor singt berückend schön – und spielt sogar, obwohl man eigentlich von einer konzertanten Aufführung ausgegangen war. Die Lichtregie ist besser als zuletzt in der Felsenreitschule bei "Mackie Messer". Kostüme und Bewegungschor erinnern an jüngere Arbeiten von Luc Bondy.
Eine äußerst hübsche Petitesse für einen enormen Stundenpreis.
KURIER-Wertung:
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