Wie bringt man so einen Film auf die Bühne? Was ist beim Dramatisieren von Filmen wichtig?
Der Stoff schreit geradezu vor Aktualität und ist so voll von intelligentem Humor. Ich glaube, die Geschichte lädt nach den Jahren der Pandemie die Leute ein, in ein Boot zu kommen und zu sagen: Lasst uns diesen Abend gemeinsam als Komödie und als schöne Erinnerung erleben.
Alle Kultureinrichtungen haben derzeit Probleme mit der Auslastung. Ist es ein guter Weg, die Leute mit Komödien ins Theater zu locken?
Ja, das ist der einzige Weg, finde ich! Ich möchte nicht am Abend ins Theater gehen und drei Stunden das sehen, was ich in der Zeitung gelesen habe. Als Komödie verpackt, in einem spielerischen, humoristischen, fast zirkusartigen Kontext, ist es etwas anderes, denn das Lachen über diesen großen Diktator ist wahnsinnig befreiend. Theater ist Eskapismus. Zumindest meiner.
Es gibt ja derzeit einen großen Diktator ...
Einen? Mehrere! Otto Schenk hat einmal gesagt: Es gibt nicht nur den einen Bösen. Es gibt nicht nur den einen Schuldigen, den großen Diktator – es braucht ganz, ganz viele, die mitmachen.
Man hat den Eindruck, die Diktatoren sind wieder im Kommen.
Die sind nicht im Kommen. Die sind da! Und wenn einer weg ist, ist ja nicht alles wieder gut. Es ist dieses Pilz-Prinzip – man haut auf den einen Pilz drauf, und der nächste kommt.
Warum fallen die Menschen immer wieder auf Diktatoren herein? Gibt es ein menschliches Bedürfnis, an einen starken Mann zu glauben?
Es ist doch so: Die Chance für Populisten und Diktatoren war immer groß in Zeiten, in denen die Menschen wirtschaftlich geschwächt waren und große Fragen hatten. Ich will aber nicht hoffen, dass es in der Natur des Menschen liegt, an einen großen Anführer zu glauben. Das wäre zu fatal.
Würden Frauen an der Macht anders handeln?
Man müsste es einmal probieren! Krieg ist Männersache, das zeigt die Geschichte. Das Gedankenspiel, die einfach auszutauschen, funktioniert so nicht. Ich hoffe, dass Frauen an der Macht sich anders verhalten würden. Aber Italien 2022?
Sie haben ja persische Wurzeln. Beobachten Sie die derzeitigen Proteste von Frauen im Iran?
Selbstverständlich! Ich muss aber dazu sagen, ich spreche weder Persisch noch war ich im Iran. Mich berühren viele Protestbewegungen in vielen Ländern. Solche Ungerechtigkeiten lösen eine ungeheure Wut in mir aus.
Wie ist Ihre Figur im Stück, die Hannah?
Hannah flüchtet sich in hemdsärmeligen Optimismus. Sie verdrängt den Krieg, verdrängt ihre Situation als Vollwaise im Ghetto. Dann trifft sie diesen Barbier, der dasselbe Prinzip lebt – und die beiden erkennen einander.
„Der große Diktator“ wird oft als bester Film aller Zeiten bezeichnet. Ist es schwierig, auf der Bühne den Film auszublenden?
Nein. Das Schöne an diesem Film ist, dass er mit so einfachen Mitteln des Humors und der Artisterie auskommt. Die Körperlichkeit, die clowneske Art, mit der gespielt wird. Das ist die Urform der Komödienkunst. Chaplin hat das vorgelebt. Das ist das, was ich als Schauspielerin will, Unterhalten auf höchstem Niveau. Unser Stück ist dem Film ähnlich, aber keine Kopie, eine Übersetzung.
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