Copyright für ersten Micky-Maus-Film ausgelaufen: Rechtsprobleme erwartet
Fast ein Jahrhundert nach seinem Kinodebüt ist zum Jahreswechsel der Urheberrechtsschutz für den ersten je gedrehten Micky-Maus-Streifen zu Ende: Nach US-Recht ist das Copyright an dem kurzen Schwarzweiß-Zeichentrickfilm "Steamboat Willie" aus dem Jahr 1928 zum 1. Jänner ausgelaufen. Damit ist die Tür offen für Remakes, Spin-offs und Adaptionen durch andere Künstler - sowie für Rechtsstreitigkeiten mit Disney.
Theoretisch darf nun jeder "Steamboat Willie" und "Plane Crazy" - ein weiterer Disney-Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1928 - sowie die darin vorkommenden Original-Figuren wie Micky und Minnie Maus kopieren, wiederverwenden und anpassen. "Dies ist ein symbolträchtiger, mit Spannung erwarteter Moment", sagt Jennifer Jenkins, Spezialistin für Public Domain an der Duke-Universität.
Alternative Versionen?
Möglich wäre somit etwa eine Version von "Steamboat Willie", in der das Schiff aufgrund des Klimawandels in einem ausgetrockneten Flussbett strandet, oder auch eine feministische Version, in der Minnie das Ruder übernimmt. Doch einfach dürfte es dank des Disney-Konzerns nicht werden: Er werde weiterhin seine "Rechte an den moderneren Versionen von Micky Maus und anderen Werken schützen, die nach wie vor dem Urheberrecht unterliegen", erklärt der mächtige Konzern.
Tatsächlich ist die Maus aus "Steamboat Willie" eine ziemlich dürre, grob gezeichnete Figur mit verhältnismäßig kleinen Ohren, die viele Zuschauer wohl nur schwer als Micky Maus identifizieren würden. "Zur Nutzung frei ist künftig nur dieses kleine Tier in Schwarz-Weiß, nicht aber die Micky Maus, wie sie den heutigen Generationen von Amerikanern so vertraut ist", sagt Justin Hughes von der Juristischen Fakultät der Loyola University. Er rechnet mit "juristischen Scharmützeln", wenn neuere Elemente von Micky, wie etwa die roten Shorts oder die weißen Handschuhe, kopiert werden.
Markenrecht bleibt erhalten
Hinzu kommt, dass zwar das Urheberrecht abläuft, nicht aber das Markenrecht. Dieses schützt die Quelle eines Werks und verhindert, dass jemand anderes ein Produkt so herstellt, dass Verbraucher es für das Original halten könnten. Diese Rechte lassen sich unbegrenzt verlängern.
Disney arbeitet nun nach eigenen Angaben daran, "die Konsumenten vor Verwechslungen zu schützen". Vorsorglich hat der Konzern einen Ausschnitt aus "Steamboat Willy" in den Vorspann aller von seinen Studios produzierten Animationsfilme eingefügt.
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"Cleverer" Schachzug
"Die Leute bei Disney sind sehr clever: Sie haben erkannt, dass es das Beste ist, diese berühmte Szene aus 'Steamboat Willie' als Markenzeichen zu etablieren", sagt Rechtsexperte Hughes. Auf diese Weise könnte jemand, der das klassische Bild von Micky Maus am Ruder des Dampfschiffs etwa auf T-Shirts, Kappen oder Tassen verwendet, belangt werden.
Nach Auffassung von Public-Domain-Expertin Jenkins könnte Disney damit allerdings falsch liegen: "Unser Oberster Gerichtshof hat klargestellt, dass es nicht möglich ist, Markenrechte geltend zu machen, um den Ablauf des Urheberrechts zu umgehen", sagt sie. Doch auch Jenkins rechnet mit gerichtlichen Auseinandersetzungen. Auf jeden Fall sollte jeder, der darauf hofft, mit Disneys beliebtem Maskottchen Geld verdienen zu können, "vorsichtig vorgehen - und mit einem Anwalt", fasst Jurist Hughes zusammen.
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