In der amerikanischen Comedy-Serie „Étoile“ (Amazon Prime) spielt Charlotte Gainsbourg nun zum ersten Mal eine englischsprachige Rolle. Kreiert und produziert von Amy Sherman-Palladino und Daniel Palladino (bekannt durch „Gilmore Girls“ und „The Marvelous Mrs. Maisel“), geht es um eine New Yorker und eine Pariser Ballettkompanie, die ihre Tänzer austauschen, um das Publikumsinteresse zu fördern.
KURIER: Was hat Sie dazu bewogen, gerade dieses Projekt auszuwählen? Und was ist Ihnen allgemein wichtig, wenn Sie sich heutzutage für ein Projekt entscheiden?
Charlotte Gainsbourg: Ich habe nicht viele Serien gemacht – es ist meine erste in den USA. Ich habe ein paar in Frankreich gedreht, aber das ist nicht unbedingt meine Welt. Deshalb war ich sehr neugierig. Nach dem Lesen der ersten vier Episoden wusste ich, dass ich es machen wollte: Ich drehte vorher noch nie etwas, bei dem ich nicht wusste, was mit der eigenen Figur in Folge fünf oder Folge acht passieren wird. Ich denke dabei immer an diese eine Episode von „Friends“, in der Joey in einem Aufzugsschacht „stirbt“. Und ich habe mich ständig gefragt: Werde ich bis zum Ende bleiben? Man fühlt sich irgendwie in Gefahr – aber gleichzeitig ist da diese Spannung, was wohl in der nächsten Folge passieren wird. Und sie haben das wirklich bis zur letzten Minute offengelassen. Die Spannung war sehr hoch.
Sie spielen eine mächtige Frau, die zugleich sanft und ein wenig tollpatschig ist. Wurde die Figur so geschrieben, oder ist das etwas, das Sie eingebracht haben?
Nein, sie wurde genauso geschrieben. Ich liebe die Art, wie Amy und Dan Palladino schreiben, wie sie mit Sprache umgehen – auch die Tollpatschigkeit war Teil ihrer Drehbücher. Es ist selten für mich, eine Figur so lange gut zu finden. Denn es war kein Zwei-Monats-Dreh, wie ich es gewohnt bin. Es war ein neunmonatiger Dreh.
Zu Beginn Ihrer Karriere bekamen Sie eher ernste Rollen. Haben Sie das Gefühl, dass Sie jetzt offener sind für andere Arten von Rollen?
Ich liebe ernste Filme und Dramen, ganz klar. Aber es ist wunderbar, auch mal leichtlebig sein zu können. Besonders zu diesem Zeitpunkt in meinem Leben.
Amy Palladino hat Sie als „Lenny Kravitz der Franzosen“ beschrieben. Weil Sie Ihre Schuhe ausziehen und dann durch den Salon rennen …
Die roten Schuhe waren unglaublich wichtig für mich, fast so eine Art Schlüssel für die Rolle. Und dass ich sie ständig ausziehen und wieder anziehen wollte. Die Tollpatschigkeit und die ständige Unruhe – das war irgendwie komisch. Ich habe mich sehr frei gefühlt. Amy und Dan waren wirklich offen für jede Art von Verrücktheit.
Kannten Sie die Welt hinter den Kulissen des Balletts? Überhaupt nicht. Ich wünschte, ich hätte diese Leidenschaft gehabt, denn ich liebe körperliche Anstrengung. Aber ich bin nur mit meiner Schwester zum Ballett gegangen. Sie war vier Jahre älter als ich. Und nach einem Jahr langweilte es sie, also hörte sie auf. Und das bedeutete, dass ich auch aufhören musste. Insgesamt habe ich also ein Jahr lang getanzt – im Alter von vier Jahren.
Durch die Serie werden Sie nun auch in den USA viel bekannter. Wie gehen Sie damit um?
Vielleicht werde ich jetzt in Amerika etwas häufiger erkannt, was bisher nur selten vorkam. Ich weiß das, weil ich sechs Jahre in New York gelebt habe. Und das war wunderbar, denn in Frankreich haben die Leute natürlich große Verehrung für meine Eltern. Ich wusste immer, dass sie nicht nur mich bewundern, sondern meine ganze Familie. In New York hingegen konnte ich ein bisschen egoistischer sein, weil man mich dort höchstens für die Filme, die ich mit Lars von Trier gemacht habe, oder für meine Musik kennt, und es ging ein bisschen weniger um meine Herkunft – was sehr angenehm war.