Buchmesse: Jetzt kommen die Leser
Seit Samstagmorgen hat nun das allgemeine Lesepublikum Zutritt zur Buchmesse. Als schreibende Prominente wurden unter anderem Dieter Thomas Heck und die deutsche Schwimmlegende Michael Groß erwartet. Der Schriftsteller Rafik Schami wird sein neues Buch vorstellen. Insgesamt rechnet die Messe bis Sonntagabend wie im Vorjahr mit rund 280.000 Besuchern.
Island sieht "überwältigende Resonanz"
Für den Ehrengast Island hat die
Frankfurter Buchmesse den Durchbruch auf dem internationalen Markt gebracht. Auch in Osteuropa und Südostasien gebe es großes Interesse an isländischen Autoren, sagte Islands Verlegerpräsident Kristjan B. Jonasson am Samstag. Während der Messe hatte bereits AmazonCrossing, die Verlagsabteilung des US-Internethändlers Amazon, eine Island-Reihe auf Englisch angekündigt. In Deutschland sind zur Buchmesse mit Hilfe isländischer Übersetzungsförderung 203 Neuerscheinungen auf den Markt gekommen. Das waren mehr Titel als 2009 beim Gastland China, obwohl Island nur 320.000 Einwohner hat.
Die Isländer, die weltweit als das Land mit der größten Schriftsteller-Dichte und dem höchsten Buchkonsum pro Einwohner gelten, hatten etwa 40 Autoren mit nach
Frankfurt gebracht. Rund 2,7 Millionen Euro wurde in die seit Jahren vorbereitete Präsentation investiert. Der Koordinator des Island-Auftritts, Halldor Gudmundsson, sprach von einer "überwältigenden und fast schon euphorischen Resonanz" für das Gastland auf der Buchmesse.
Island hatte seine Messe-Pavillon mit einer Mischung aus Natur und Literatur in eine Wohnzimmerlandschaft verwandelt. Isländer und die Offiziellen der Buchmesse ließen sich am Samstag - bei einer eigentlich als Pressekonferenz angekündigten Veranstaltung - von mehreren hundert Island-Fans im Pavillon feiern.
Schockierendes Geständnis von Dieter Thomas Heck
Der ehemalige TV-Showmaster Dieter Thomas Heck (73) legt in seiner in Frankfurt präsentierten Biografie ein schockierendes Geständnis ab: Vor 40 Jahren habe er im Streit seine damalige Frau Edda umbringen wollen. Er habe 1971 seine alkoholkranke Frau in einem Hotelzimmer beinahe erwürgt, aber in letzter Sekunde gestoppt. "Mit einem Reflex meiner Hände könnte ich meine Probleme lösen... Aber ich zögerte", beschreibt der legendäre deutsche Fernseh-Moderator seine Gedanken von damals. Das Paar wurde 1974 geschieden, Edda starb im Jahr 2000 "verarmt und einsam im Spanien", wie die Bild-Zeitung schreibt. Die Biografie soll am 20. Oktober in den Handel kommen.
Boualem Sansal sieht Demokratiebewegung skeptisch
Auch um Politik dreht sich in Frankfurt einiges. Die Demokratiebewegung in den arabischen Ländern hat nach Ansicht des Friedenspreisträgers des Deutschen Buchhandels, Boualem Sansal, ohne Unterstützung vom Westen keine Chance. "Ich bin ziemlich pessimistisch", sagte der algerische Schriftsteller am Freitag. Die Gefahr sei groß, dass die Demokratiebewegung zwischen den Militärs und den Islamisten zerrieben werde. Der algerische Regimekritiker wird den mit 25.000 Euro dotierten Friedenspreis, eine der bedeutendsten kulturellen Auszeichnungen in
Deutschland, am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche entgegennehmen.
Auch Kirchenpolitik hatte ihren Platz: Nach dem Papstbesuch in Deutschland will die katholische Kirche ihre Bemühungen um die Ökumene verstärken. Das sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, bei der Vorstellung eines Bildbands zur jüngsten Reise von Benedikt XVI.. Hier stünden die Bischöfe vor der Frage, wie es "im Blick auf das Reformationsgedenken 2017 auch gemeinsam mit der evangelischen Kirche weitergehen" werde.
Roland Emmerich auf Buchmesse
Hollywood-Regisseur
Roland Roland Emmerich stellte auf der Messe seinen Film über Shakespeare vor, der am 10. November in die deutschen Kinos kommt. Mit "Anonymus" leistet er einen neuen Beitrag zur alten Debatte um die Identität des britischen Dramatikers. In einer Diskussion mit Emmerich sagte Literaturkritiker Hellmuth Karasek, es gebe 5.000 Veröffentlichungen, dass Shakespeares Werke nicht von ihm selbst seien: "Wir sollten uns aber nicht wundern, dass wir uns über Shakespeare wundern."
Für sein Buch über den Krupp-Manager Berthold Beitz hat der Autor Joachim Käppner den Deutschen Wirtschaftsbuchpreis 2011 gewonnen. Die Jury wählte das Werk "Berthold Beitz. Die Biographie" (Berlin Verlag) aus einer Shortlist von zehn Titeln. Das Preisgeld beträgt 10.000 Euro. Am Abend standen weitere Auszeichnungen auf dem Programm: der
Deutsche Jugendliteraturpreis, der Buchpreis der unabhängigen Verlage und der Comic-Preis.
Auszeichnungsreigen
Übersetzer, Autoren und Zeichner sind am Freitagabend für ihre herausragenden Kinder- und Jugendbücher ausgezeichnet worden. Sie überzeugten die Jury mit ironisch gebrochenen Heldengeschichten, Bilderbüchern über Altersdemenz oder der Schilderung skurriler Situationen im Leben von Jugendlichen. Der vom Bundesfamilienministerium gestiftete
Deutsche Jugendliteraturpreis wird seit 1956 vergeben und ist mit insgesamt 50.000 Euro dotiert. Der Auszeichnungs-Reigen stand am Ende des letzten Fachbesuchertags;
Kulturstaatsminister Bernd Neumann überreichte die Ehrungen auf der Frankfurter Buchmesse. Der mit 10.000 Euro höchstdotierte Sonderpreis für einen Übersetzer ging in diesem Jahr an Tobias Scheffel. "Er gibt den von ihm übersetzten französischen Autoren auf diese Weise auch im Deutschen eine eigene, unverwechselbare Stimme", befand die Jury.
Je 8.000 Euro bekamen die Sieger in den Kategorien Bilder-, Kinder-, Jugend- und Sachbuch. Den Preis für das beste Bilderbuch erhielt der Autor und Illustrator Martin Baltscheit für "Die Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor" (Bloomsbury), ein Buch über Demenz. Im Kinderbuch-Bereich zeichnete die Jury Milena Baisch und Elke Kusche für "Anton taucht ab" (Beltz & Gelberg) aus. Es ist eine ironische Brechung der Abenteuerheldengeschichte. Sieger in der Sparte Jugendbuch wurde der Autor Wolfgang Herrndorf mit "Tschick" (Rowohlt), das laut Jury in jugendlich-authentischem Erzählton skurrile Situationen einer Jugend schildert. Mit ihrem Sachbuch "Alles Familie!" (Klett) konnten Alexandra Maxeiner und Anke Kuhl überzeugen. Der Preis der Jugendjury, ebenfalls mit 8.000 Euro dotiert, ging an Ursula Poznanski für "Erebos" (Loewe).
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