Stella Levi: Die hundertjährige Scheherazade

Stella Levi: Die hundertjährige Scheherazade
Wie es dem New Yorker Autor Michael Frank gelang, ein lebensbejahendes Buch über eine hundertjährige Holocaustüberlebende zu schreiben

Die Deutschen wählten einen Sonntag, weil da die Geschäfte geschlossen waren. Und sie lösten Luftschutzsirenen aus, obwohl keine Bomben fielen. Die Deutschen taten das, damit alle im Haus blieben. Alle, außer den Juden von Rhodos. 1.700 Menschen, „es war wie ein Leichenzug von Menschen, die um sich selbst trauern“. Niemand war da, um sich zu verabschieden.

Man trieb sie an diesem 25. Juli 1944 fort aus ihren Dörfern und Gemeinden, hinunter zum Hafen, wo man sie auf Schiffe verlud, nach Athen ins dortige Konzentrationslager Chaidari und von dort aus per Eisenbahntransport nach Auschwitz ins Vernichtungslager brachte. Eine dreiwöchige Deportation. Die meisten von ihnen hatten ihre Insel zuvor nie verlassen und würden ihre Heimat nie wieder sehen. Fast alle wurden unmittelbar nach der Ankunft ermordet.