Rudolf Habringer: Gemeinsam einsam im Hügelland

Abgesehen davon, dass so gut wie jeder Autor es tut: Man könnte es prätentiös finden, einen Text mit dem Zitat eines anderen zu schmücken.
Im Falle von Rudolf Habringer ist es keineswegs anmaßend, dass er die erste Kurzgeschichte seines Erzählbandes „Diese paar Minuten“ mit einem Zitat aus Adalbert Stifters Novelle „Bergkristall“ beginnt. Habringers Sprache ist überlegt und präzise, seine Beobachtungen sind voller Menschenliebe und Verständnis – in Kenntnis der Unwägbarkeiten des Daseins.
Etwa in besagter Erzählung „Dann sage ich es ihm“: Sie ist die Geschichte eines Unglücks. Keiner wird gesucht wie in „Bergkristall“ – und schon gar keiner wird gerettet. Aber jeder hat sein Binkerl zu tragen. Wie der Briefträger, der sich in seinem Rayon verirrt und den Job verliert; wie der schizophrene Lkw-Fahrer, der vergebens vom Glück des Auswanderns träumt oder wie Färber, der Nachbar des Erzählers. Muss früher ein schöner Mann gewesen sein, jetzt ist er verlebt und allein, hat nichts als seinen Schäferhund, der ihn überall begleitet. Bis er verschwindet.
Habringers Helden husten einsam in ihren Untermietzimmern, haben Pech daheim und in der Arbeit. Sie sind belastet von Geheimnis und Schuld. Sie lieben vergeblich und verzweifeln an der Abwesenheit von Glück. Menschen mit dunkelgrauen Leben im „Hügelland“ an der Donau, schicksalhaft miteinander verbunden.Und doch weiß kaum einer vom anderen.
Rudolf Habringer, 1969 in Schwanenstadt, Oberösterreich, geboren, war Musiker, Kabarettist und hat mehrere Romane und Erzählbände veröffentlicht. Wer „Diese paar Minuten“ gelesen hat, will sie alle lesen.

Rudolf Habringer:
„Diese paar Minuten“
Otto Müller.
200 Seiten.
24 Euro