Jeder, der über seine Familie schreibt, sollte sich gut überlegen, was er da zu Papier bringt. Bei Maxim Biller kommt folgende Schwierigkeit hinzu: Seine Mutter schreibt auch. Da kann es vorkommen, dass sie ihn des Geschichtendiebstahls bezichtigt. „Schreib lieber mehr über dich selbst“, sagt sie, „schreib über deine Jugend in Hamburg oder deine Kindheit in Odessa. Dann begreife ich vielleicht, warum du so bist, wie du bist.“
Er beherzigt ihren Rat, sie ist dennoch unzufrieden mit seinen ersten Kurzgeschichten: Er mache darin andere Schriftsteller nach. „Das passt nicht zu dir, Söhnchen. Als Kind warst du frecher.“ Dass er nicht frech genug ist, hat der 1960 in Prag als Sohn russisch-jüdischer Eltern geborene Maxim Biller später wohl selten gehört. Der in Berlin lebende Schriftsteller und Kolumnist ist bekannt für meinungsstarke Debattenbeiträge.
Auch seine Romane sind alles andere als lauwarm. Wer sein neues Buch „Mama Odessa“ liest, könnte meinen: Das hat er von der Mama. Der 2019 verstorbenen Schriftstellerin Rada Biller ist dieser Roman gewidmet. Im Buch heißt sie anders, überhaupt ist vieles in dieser Geschichte über die Welt einer russisch-jüdischen Familie aus Odessa erfunden. Doch diese rührenden, komisch-verzweifelten Mutter-Sohn-Dialoge, die sind gewiss authentisch.