Amélie Nothombs Vaterroman: Diplomat auch im Angesicht des Todes

Amélie Nothombs Vaterroman: Diplomat auch im Angesicht des Todes
Amélie Nothomb hat einen Roman über ihren Vater Patrick Nothomb geschrieben, der als Generalkonsul 1964 im jüngst unabhängig gewordenen Kongo Belgien vertreten sollte.

Was macht man während einer mehrmonatigen Geiselnahme, wenn neben einem täglich Menschen umgebracht werden? Man liest Stefan Zweigs „Ungeduld des Herzens“. Nein, das hat Amélie Nothomb nicht erfunden. Wie überhaupt sehr wenig an dieser abenteuerlichen Geschichte.
Amélie Nothomb hat einen Roman über ihren Vater Patrick Nothomb geschrieben, der als Generalkonsul 1964 im jüngst unabhängig gewordenen Kongo Belgien vertreten sollte. Das Land war von explosiven inneren Spannungen beherrscht, eine marxistische Rebellion braute sich zusammen. Am 6. August nahmen Rebellen in der Stadt Stanleyville (heute Kisangani) 1500 Weiße als Geiseln. Sie sperrten sie in einem Hotel zusammen und töteten täglich einen oder mehrere von ihnen. Nothomb wurde zum Verhandler auserkoren, bis er schließlich selbst hingerichtet werden sollte.

Amélie Nothombs Vaterroman: Diplomat auch im Angesicht des Todes

Amélie Nothomb:
„Der belgische Konsul“. Übersetzt von Brigitte
Grosse. Diogenes. 144 Seiten. 24,50 Euro

Dass es anders kam, ist in Geschichtsbüchern nachzulesen. Was Amélie Nothomb aus dieser Story gemacht hat, ist ein bewegendes Vaterporträt, das aber auch angesichts der dramatischen Ereignisse nie überbordend sentimental wirkt. „,Ungeduld des Herzens’“ war das Lieblingsbuch meines Vaters. Er hat mir oft erzählt, dass er es während der Geiselnahme gelesen hat und dass das wohl der beste Moment dafür gewesen sei. Es sagt viel über ihn aus, dass er dieses Buch so liebte. Mitleid war ein Gefühl, dass er sich verbat,“ sagt die Autorin.

Knapp, wie man es von ihr gewohnt ist, schreibt Nothomb auch über die Kindheit ihres Vaters, der als Halbwaise mit einer desinteressierten Mutter aufwuchs und bei seinen wilden Cousins in den Ardennen so etwas wie Kindheit finden wollte. Diese bereits mehrfach ausgezeichnete Annäherung an ihren Vater berührt umso mehr, als dass Amélie Nothomb stets diskret bleibt. Man kann viel zwischen den Zeilen lesen.