Jeremy Strong über Bruce Springsteen und seinen Manager: „Wie zwei Rammböcke“
Jeremy Strong als Jon Landau, der Freund und Manager von Bruce Spingsteen in: "Springsteen: Deliver me From Nowhere"
Jeremy Strong kann ganz schön nerven. Zumindest ließen das seine Schauspielkollegen durchblicken, die mit ihm in der Erfolgsserie „Succession“ zusammen gearbeiteten haben. Strong tigerte sich derartig obsessiv in sein Spiel als Milliardärssohn Kendall Roy hinein, dass er auch in den Drehpausen nicht aus der Rolle fiel. Völlige Verschmelzung mit einer Figur lautet sein oberstes Ziel. Nicht umsonst ist er ein enthusiastischer Fan seines Vorbilds Daniel Day-Lewis.
Schauspielen, das ist für Jeremy Strong „ein Grund zu leben“. Für seine diabolische Verkörperung von Trump-Mentor Roy Cohn in der Satire „The Apprentice“ wurde er bereits für einen Oscar nominiert. Und auch für seine Rolle als Jon Landau, dem Produzenten und Manager von Bruce Springsteen, „habe ich alles gegeben, was ich geben konnte“, sagt der US-Schauspieler im KURIER-Interview.
„Springsteen: Deliver Me From Nowhere“ (derzeit im Kino) von Regisseur Scott Cooper ist kein gewöhnliches Bio-Pic, sondern basiert auf dem Buch „Deliver Me From Nowhere: The Making of Bruce Springsteen’s Nebraska“ von US-Musiker und Journalist Warren Zanes. Erzählt wird nicht die Erfolgsstory von Bruce Springsteen von der Wiege bis zur Bahre. Stattdessen zurrt sich der Film an einem bestimmten Moment in der Karriere des Rockstars fest: Springsteen hat gerade seine höchst erfolgreiche Tournee „The River Tour“ hinter sich, doch der „Boss“ befindet sich in einer schweren seelischen Krise. Während die Plattenfirma auf ein weiteres Rockalbum drängt, zieht er sich in sein Schlafzimmer in New Jersey zurück und bastelt an einem Solo-Demoband, aus dem 1982 sein Kultalbum „Nebraska“ entstehen wird.
Auch in dunklen Zeiten immer an seiner Seite: Sein Freund und Produzent Jon Landau. Landau unterstützt Springsteen emotional und künstlerisch in jeder Hinsicht. Er hält ihm den Rücken frei, wimmelt die Plattenchefs ab und ist dem verzweifelten Musiker Manager und Seelenfreund zugleich.
War schon einmal oscarnominiert: Jeremy Strong.
Während Jeremy Allen White (bekannt aus der Kochserie „The Bear“) mit großer Hingabe den depressiven Bruce Springsteen punktgenau verkörpert, steht Jeremy Strong als Jon Landau neben ihm „wie der Fels in der Brandung“: „Jon Landaus Rolle besteht daraus, sich selbst zugunsten des Künstlers zurückzunehmen. Das habe ich auch getan.“
Druckkochtopf
Es ist ihm leicht gefallen, die Rolle des Beschützers auch gegenüber Jeremy Allen White zu spielen: „Filmsets sind wie Druckkochtöpfe. Es war für Jeremy eine schier unmögliche Aufgabe, Bruce Springsteen zu spielen und die Albumaufnahme ,Born in the U.S. A.’ in den Power Station Studios zu performen, während Bruce Springsteen dabei zusieht. Ich habe mich daher darum bemüht, ihn zu schützen – so wie es Landau für Springsteen getan hat.“
Dass sowohl Springsteen als auch Landau bei den Dreharbeiten dabei standen und die Darsteller mit Argusaugen beobachteten, klingt stressig, aber Strong bleibt cool: Er habe es begrüßt („Ich war immer schon ein Bruce-Springsteen-Fan!“) und sei beiden während der Dreharbeiten sehr nahegekommen. Beim Spielen selbst war er so konzentriert, dass er gar niemanden wahrnehme: „In gewisser Weise war es für mich also neutral. Gleichzeitig haben sie mir auch ein bisschen Feuer unter den Fußsohlen gemacht, was ich gerne spüre. Es war unglaublich wertvoll, sie als Ressource dabei zu haben. Ich war ziemlich unersättlich und wollte möglichst viel wissen.“
Berühmt dafür, alles aufzusaugen, was seiner Rolle dienlich sein könnte, stürzte sich Jeremy Strong auf Springsteen und Landau und verbrachte möglichst viel Zeit mit ihnen, um Futter für seine Performance zu sammeln.
Punktgenaue Verkörperung: Jeremy Allen White als Bruce Sprigsteen.
Das erste Mal hätte er die beiden auf einem Konzert in Dänemark getroffen und ein Ritual zwischen ihnen beobachtet, erzählt der Schauspieler: „Bevor das Konzert losgeht, halten sich Bruce und Jon gegenseitig an den Schultern fest und legen ihre Stirne aufeinander wie zwei Rammböcke. Dann schickt Jon unter dem ohrenbetäubenden Jubel von 80.000 Fans Bruce auf die Bühne. Und wenn Bruce dann schweißgebadet und völlig erschöpft am Ende des Konzerts wieder von der Bühne kommt, ist Jon der Erste, der dort wartet – und sie umarmen sich. Das machen sie seit 50 Jahren so.“
Und noch etwas kam Jeremy Strong bei seiner Vorbereitung zu Hilfe: „Jon dabei zuzusehen, wie er beim Konzert zusieht, war wahrscheinlich das Wertvollste für mich. Ihm stand die pure Freude ins Gesicht geschrieben, obwohl er all die Songs zum zwanzigtausendsten Mal hörte. Da wurde mir klar wie hundertprozentig seine Verbindung zu Bruce und dessen Musik ist. All das wollte ich einfangen.“
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