Die Vorlage gab Victor Hugos Drama „Hernani oder die kastilische Ehre“. Die Geschichte ist vertrackt. Ernani liebt Elvira und sie ihn, doch sie soll ihren Vormund, den Herzog Silva heiraten. Da ist aber auch noch Carlo, der später zum deutsch-römischen Kaiser gewählt wird, auch er will Elvira. Ernani und Silva aber verbindet der Wunsch, den Karl zu töten.
Christof Hetzer hat eine öde, in diffusem Licht gehaltene Bühnenlandschaft erschaffen, ideal für das Zelebrieren von Brutalität. Denn die steht im Zentrum, die nackte Gewalt ist das einzige, das die Menschen verbindet. Bei de Beer wirkt das über weite Strecken als würde Samuel Beckett auf Quentin Tarantino treffen, der sich aber am großen Meister Peter Konwitschny zu orientieren versucht.
Die gut choreografierten Kampf- und Folterszenen sind oft so überdreht, dass so mancher Splatter-Movie-Regisseur vor Neid erblassen könnte. Dennoch erschöpft sich das Szenario durch die ständige Wiederkehr der Immergleichen, sprich, in der Darstellung von Gewalt. Das schafft ein paar Leerläufe und droht immer wieder von der Musik abzulenken, etwa eine exzessive Folterszene. Da wäre szenisch etwas weniger viel mehr gewesen. Wenig schlüssig wird der hahnebüchene Handlungstrang über den Ehrenselbstmord von Ernani am Ende geklärt.
In jeder Hinsicht überzeugend ist das Musikalische. Saimir Pirgu besticht in der Titelrolle. Er zeigt den Ernani als dynamischen Kraftprotz. Das drückt er auch mit seiner klaren Tenorstimme aus, die in allen Lagen mit ihrem schönen Timbre überzeugt.
Franco Vassallo ist ein herausragender Carlo, agiert spielfreudig bis zur Selbstentäußerung und schafft das Kunststück, dass die Regie nicht von seinen ausdrucksstarken Bariton ablenkt.
Ausgezeichnet ist Goran Jurić als Silva, der seinen Bass fabelhaft zur Geltung bringt. Guanqun Yu schafft die überaus fordernde Partie der Elvira mit Bravour und meistert die Höhen exzellent. Auch sie muss sich gegen die Regie durchsetzen, wenn während ihrer Arie i überdimensionale Geschenkspakete in ihr Zimmer getragen werden.
Die kleineren Rollen sind mit Aytaj Shikhalizada, Omer Kobiljak und Stanislav Vorobyov mehr als achtbar besetzt. Der Prager Philharmonische Chor (Einstudierung: Lukas Vasilek) ist darstellerisch und gesanglich mehr als gefordert, bewältigt seine Aufgaben jedoch sehr gut.
Dirigent Enrique Mazzola führt die ausgesprochen gut disponierten Wiener Symphoniker mit seinem differenzierten Dirigat tadellos. Ganz natürlich entfaltet er aus dem Graben eine gewisse Italianità. Er generiert große, starke Momente aus dieser frühen Oper Verdis, trägt dem Musikdramatiker Rechnung, setzt zuweilen auf eine Überdosis Dramatik, aber stets dort, wo diese auch ihre Berechtigung hat. Er weiß, wie man Spannung aufbaut und das Ensemble unterstützt. Das Premierenpublikum demonstrierte seine Begeisterung mit vielen Bravos für ausnahmslos alle Beteiligten.
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