Braucht man überhaupt noch Regisseure in der Oper?

Sehr geehrtes Kulturamt!
Mir ist in diesem Festspielsommer aufgefallen, dass Ihr Medium über zwei Opernaufführungen in Salzburg besonders euphorisch berichtet hat: Mozarts „Mitridate“ und seine „Zaide“. Da sich dabei um halbszenische Produktionen handelte, also keine richtigen Inszenierungen, und man damit offenbar Erfolg hat, stelle ich hiermit den Antrag, dass künftig jede zweite Aufführung bei Festivals oder in einem Opernhaus konzertant oder höchstens semiszenisch sein muss. Wenn sich diese eitlen Regisseure endlich nicht mehr selbst und auf Kosten der Werke verwirklichen können, werde auch ich wieder die eine oder andere Aufführung besuchen. Es ist höchste Zeit, dass diese Scharlatane entlarvt werden.
Mit musikalischen Grüßen, W. S.
Sehr geehrter W. S.,
vielen Dank für Ihr Schreiben und für Ihren Antrag, dessen Einlangen wir hiermit bestätigen (Geschäftszahl 15/2025). Sie haben es völlig richtig beobachtet, und wir können hiermit amtlich bestätigen: die von Ihnen erwähnten Aufführungen waren Preziosen im Festspielprogramm. Das ist erfreulich, weil es zeigt, dass man mit kleinerem Aufwand Großes erreichen kann. Die enorme Zustimmung führen wir auch darauf zurück, dass die wenigsten Menschen diese Werke kennen, die p. t. Besucher also froh waren, diese einmal zu hören.
Wir warnen jedoch vor dem Umkehrschluss, dass ein musikalischer Erfolg umso wahrscheinlicher ist, je weniger szenische Interpretation es gibt. Oper ist und bleibt Musik-Theater und bedarf auch einer inhaltlichen Auseinandersetzung und Hinterfragung der Relevanz für unsere Zeit. Gerade die Salzburger Festspiele haben diese Maxime in diesem Sommer mustergültig befolgt, etwa mit „Maria Stuarda“ (sehr gelungen), „Giulio Cesare in Egitto“ (nicht ganz so gelungen), den „Drei Schwestern“ (nach einhelliger Meinung besonders gelungen), „Macbeth“ (großteils gelungen) etc. Oper, die sich auf die musikalische Ebene zurückzieht, ist zum Tode verurteilt wie Maria Stuart und bestenfalls von musealer Relevanz. Deshalb müssen wir Ihren Antrag ablehnen.
Allerdings glauben wir hinter Ihrer Forderung den grundsätzlichen Vorwurf zu erkennen, dass sich Oper zu weit vom Publikum entfernt habe, was wir nicht ganz von der Hand weisen können. Unserer Ansicht nach liegt das aber nicht an etwaiger Respektlosigkeit zahlreicher Inszenierungen, sondern an deren Qualität. Die ist an vielen Opernhäusern allzu oft nur semi. Gerade um das zu konterkarieren, braucht es Festivals wie Salzburg oder auch Bregenz.
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