Blümel in ZiB2: "Das ist ja ein Blödsinn, was Sie da reden"

Blümel in ZiB2: "Das ist ja ein Blödsinn, was Sie da reden"
Nicht ganz einig waren sich der Medienminister und ORF-Moderator Martin Thür über die Regeln im echten und im digitalen Leben.

*Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung bestimmter TV-Sendungen.*

Am Mittwochabend kam in der ZiB2 wieder einmal jener Mann - außer Harald Mahrer - zu Wort, der in der Politik das Wort Multifunktionalität am professionellsten verkörpert: Gernot Blümel, ÖVP-Wien-Chef, Regierungskoordinator, Kanzleramtsminister, Medienminister, Kulturminister, Kultusminister und natürlich Europaminister.

Als letzterer war er zunächst auch eingeladen, weil es wieder einmal eine Verschiebung des EU-Austrittsdatums der Briten zu besprechen gab.

Man hatte den Eindruck, Blümel habe mittlerweile eine weitere Funktion dazubekommen: als österreichischer Brexit-Minister. Egal, wie lange aufgeschoben werde, am Ende müsse der (geordnete) Austritt des Vereinigten Königreichs stehen, weil die Briten das so gewollt hätten, sagte Blümel.

Gernot Blümel (ÖVP) über den Brexit

Registrierungspflicht: Echtes und digitales Leben

Einigermaßen emotional wurde es beim zweiten Thema, weswegen Blümel als Medienminister eingeladen war. Nach einem weiteren Bericht befragte Moderator Martin Thür Blümel zu den Regierungsplänen zur Registrierungspflicht für Nutzer von Online-Foren, die ab 2020 gelten soll. Nach dem Willen der Regierung sollen in der digitalen Welt die gleichen Prinzipien gelten wie in der echten Welt.

"Aber im echten Leben gibt es keine generelle Ausweispflicht, warum dann im Internet?“, fragte Thür.

Blümel: "Es muss niemand mit einem Namensschild auf der Straße herumrennen, aber wenn Sie die Exekutive danach fragt, dann müssen Sie das irgendwie belegen können."

Thür blieb beharrlich und legte die Registrierungspflicht anhand eines Beispiels recht anschaulich auf das echte Leben um: "Sie verlangen von Lokalbesitzern, dass sie von allen Besuchern die Ausweise kontrollieren und die Identität feststellen, nur für den Fall, dass da drinnen einmal eine Wirtshauskeilerei stattfindet."

Blümel: "Aber das ist ja ein Blödsinn, was Sie da reden, 'tschuldigung."

Es ist nicht das erste Mal, dass der sonst gerne diplomatisch als Regierungsübersetzer fungierende Blümel im Fernsehen pikiert auf Widerspruch reagiert. Thür zeigte sich davon ungerührt.

Das echte digitale Leben

Blümels Argumentation: Es könne nicht sein, dass ein Gesetzesbruch im digitalen Raum ungeahndet bleibe, nur weil die Identität nicht festgestellt werden könne. Der Medienminister zählte dazu später zwei Beispiele aus dem echten digitalen Leben auf, wo der Täter nicht ausgeforscht werden konnte.

Thür erklärte, dass der Gesetzesbruch im digitalen Raum jetzt schon verboten sei, es ginge hier aber um Pläne, dass "Onlinemedien, die ein Forum betreiben, von allen Usern die Identität feststellen".

Blümel bestätigte grundsätzlich, aber "das hat nichts mit Ihrem Beispiel aus dem Wirtshaus zu tun", sagte er.

Thür: "Ja schon, viele dieser User machen ja nichts strafrechtlich Relevantes."

Blümel erwähnte noch einmal das Beispiel aus dem echten Leben, dass man jetzt schon Polizisten Auskunft über die Identität geben müsse, wenn diese danach fragen.

Unerwähnt blieb, dass bestimmte im Sicherheitspolizeigesetz genau festgelegte Kriterien verwirklicht sein müssen, damit die Exekutive nach der Identität fragen darf.

Thür wandte ein, dass jetzt schon User ihre Identität offenlegen müssten, wenn die Polizei danach fragt.

"Tschuldigung", sagte Blümel erneut, aber diesmal ohne "Blödsinn".

Blümel in ZiB2: "Das ist ja ein Blödsinn, was Sie da reden"

Die Software im Hintergrund 

Dann ging es um die technische Machbarkeit. Ob man den Medien da nicht sehr viel an Aufwand zumute, wollte Thür wissen.

Blümel sieht darin kein Problem, da gebe es jetzt schon technische Möglichkeiten "da läuft im hinteren Bereich eine Software", die die Ausweisdaten mit der Telefonnummer abgleiche, die nun ebenfalls angegeben werden müsse.

"Das verstehe ich jetzt nicht, das verstehe ich auch nicht im Gesetzesentwurf", sagte Thür.

Blümel: "Dann müssen Sie’s besser lesen."

Martin Thür, der unter Journalisten als ausgewiesener Sachverständiger in Gesetzesfragen gilt, liest aus dem Entwurf heraus, dass nach Vorname, Nachname und Adresse gefragt werden solle. Wie komme man dann an die Telekom-Daten, die die Provider nicht so einfach herausgeben dürfen.

Blümel: "Und wenn Sie das Gesetz ganz lesen", dann stehe drin, dass bei Betreibern von Foren gewisser Größe in Zukunft User ihre Telefondaten angeben müssen.

Thür: "Aber wie gleichen Sie die Telefonnummern mit den Namen ab?"

Blümel: "Das hab ich Ihnen gerade erklärt.“ - und nennt erneut die Software im Hintergrund.

Thür: "Aber die Medien haben ja keinen Zugriff auf die Telekomdaten der Telekom-Provider?"

Blümel: "Da müssen Sie sich kundig machen über den aktuellen technischen Stand. Genau das wird möglich sein."

Also doch etwas Neues? Zumindest für uns. Für den Minister klarerweise nicht, er kennt ja seine Pläne.

Thür: "Die Medien wissen noch nichts davon. Also zumindest jene, mit denen ich heute gesprochen habe."

Blümel: "Ich weiß nicht, mit wem Sie gesprochen haben. Ich habe auch mit vielen Medien gesprochen. Das ist möglich."

Der Unterschied zwischen technischer und rechtlicher Möglichkeit wurde nicht weiter erörtert. Verfassungsrechtler haben bereits Bedenken angemeldet.

Und die parteinahen Medien?

Die Frage, ob ausländische Nutzer in Zukunft ausgesperrt sein könnten, weil der Zugriff auf deren Handydaten noch schwerer sei, wurde nur insofern von Blümel beantwortet, dass das verhindert werden soll.

Abschließend ging es um ein nicht unwesentliches Detail: Das Gesetz soll für alle Online-Plattformen gelten, die entweder 100.000 User, oder 500.000 Euro Jahresumsatz haben oder die über 50.000 Euro Presseförderung beziehen. Damit würde es - Beschluss im Herbst vorausgesetzt - also für große Tageszeitungen gelten, aber auch für Plattformen wie Facebook und Twitter. Nicht betroffen wären kleinere Medien, darunter auch parteinahe wie Unzensuriert.at oder kontrast.at

Warum die Grenze so festgelegt werden soll, beantwortete Blümel folgendermaßen: Es wäre absurd, kleinere Blogs wie von Netzexpertin Ingrid Brodnig oder von Caritas-Chef Klaus Schwertner mit dieser Registrierungspflicht zu behelligen. Warum kleinere Medien, in deren Foren es durchaus zur Sache geht, und die vielleicht nicht so viel Presseförderung, aber dafür möglicherweise Inserate im Wert von mehr als 50.000 Euro erhalten, davon nun ausgenommen werden, beantwortete Blümel nicht.

Vielleicht beim nächsten Mal, bei einem Martin Thür, der dann möglicherweise noch etwas hartnäckiger ist.

Gernot Blümel (ÖVP) zur Klarnamenpflicht

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