Neue künstlerische Leiterin fürs Festspielhaus St. Pölten vorgestellt

Bettina Masuch neue Künstlerische Leiterin des Festspielhaus St. Pölten ab der Saison 2022/2023.
Kulturmanagerin Bettina Masuch kündigte für ihre im Herbst 2022 beginnende Amtszeit eine "leichte Akzentverschiebung" zum zeitgenössischen Tanz an.

Bettina Masuch ist am Freitag als neue künstlerische Leiterin des Festspielhauses St. Pölten vorgestellt worden. Die deutsche Kulturmanagerin, die sich gegen 47 Mitbewerber aus sieben Nationen durchgesetzt hatte, soll ab Herbst 2022 für vorerst vier Spielzeiten ihre Arbeit aufnehmen. Im Rahmen eines Pressegesprächs kündigte sie eine "leichte Akzentverschiebung" des Programms zum zeitgenössischen Tanz an.

Festspielhaus-Geschäftsführer Thomas Gludovatz bezeichnete die neue künstlerische Leiterin als "absolut namhafte Protagonistin des europäischen Tanzes". Masuch wird auf Brigitte Fürle folgen, die im Jänner bekanntgegeben hatte, den Vertrag für die Spitzenfunktion in der niederösterreichischen Landeshauptstadt nicht verlängern zu wollen.

Mit Schlingensief und Pollesch in Berlin

Masuch hatte ihre Karriere als Dramaturgin in Brüssel, Jena und an der Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz gestartet, wo sie u.a. mit Christoph Schlingensief und Rene Pollesch zusammenarbeitete. Seit Jänner 2014 ist sie Intendantin des tanzhaus nrw in Düsseldorf.

"Ich bin dankbar, dass wir mit Bettina Masuch eine Topkandidatin für diese wichtige Führungsposition gefunden haben", sagte Paul Gessl, Geschäftsführer der NÖ Kulturwirtschaft GesmbH (NÖKU). Gludovatz sprach von einer "richtungsweisenden Entscheidung für die nächsten Jahre".

"Arbeit im Festspielhaus weiterentwicklen"

Masuch hat am Freitag ihre Vorhaben grob umrissen. Sie kündigte an, die Arbeit an der Kultureinrichtung hin zu einem "inklusiven Haus der Begegnung, kulturell mehrsprachig, zwischen Tradition und Gegenwart mit einem Herzen für den zeitgenössischen Kanon, mit einer Vielzahl künstlerischer Ausdrucksweisen und einem breiten Vermittlungsangebot" weiterentwickeln zu wollen.

In das Haus habe sich Masuch bereits "ein bisschen verliebt". Es verbinde den Festspielgedanken mit der Gegenwart und verfüge über eine "gut proportionierte Bühne", die es für große Produktionen zu nutzen gelte. "Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn an vielen Theatern gearbeitet, die aber immer wieder an ihre Grenzen gekommen sind, weil die Stücke nicht in den Raum passen", berichtete sie. In St. Pölten könne man jedoch Tanz und Musik "groß denken". Dies sei auch möglich, weil das Festspielhaus die Residenz des Tonkünstlerorchesters sei.

Masuch kündigte zudem an, in Bezug auf das Programm ästhetische mit ethischen Fragestellungen verbinden und die Themen "Empathie und Fürsorge" in den Mittelpunkt stellen zu wollen. Sie plante einen "Mix aus Stilen und Ästhetiken des zeitgenössischen und des klassischen Kanons" sowie Auftritte sowohl von Stars als auch von Neuentdeckungen. Das "Artists in Residence"-Programm soll außerdem ausgeweitet werden, um die "Arbeit an der Kunst sichtbarer zu machen".

Besonderes Augenmerk will Masuch auf die Kunst- und Kulturvermittlung legen. Diese sei angesichts der sich immer stärker verändernden Gesellschaft "ein absolutes Muss" und soll "gleichberechtigt neben Tanz und Musik" stehen. Es gelte, die Menschen angesichts der Gewöhnung an das Abstandhalten "wieder von ihren Netflix-Abenden zurück ins Festspielhaus zu holen", das zum Begegnungs- und Erlebnisraum werden müsse. "Das Festspielhaus ist kein Ufo, das hier gelandet ist", betonte die Kulturmanagerin.

"Es wird auch neue Formate am Haus geben", kündigte die Tanzspezialistin an. So sei ein eintägiges "vertikales Festival" geplant, bei dem von morgens bis abends im Festspielhaus Konzerte, Vorträge, Tanzgastspiele und Workshops stattfinden sollen. Dies soll als "Brennglas für künstlerische Entwicklungen" dienen und ein tiefes Eintauchen in ein Thema ermöglichen. Masuch wollte "Kunst auch an Orte in der Stadt bringen, wo man sie eventuell nicht erwartet oder sie gar nicht so willkommen ist" und so auch Menschen erreichen, die "keinen Lebensalltag mit Kunst haben".

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