Das Filmanreizmodell liegt auf Eis: Evaluierung und Branchentreff

Kate Winslet auf dem Balkon von Schönbrunn: Internationale Serienproduktionen wie diese ("The Regime") sind hierzulande derzeit nicht gesichert.
Von Peter TemelMit den harten Einschnitten bei der Kinofilmförderung ÖFI+ hat Kulturminister Andreas Babler (SPÖ) Mitte Mai viel Redebedarf ausgelöst. In den bisherigen Aufeinandertreffen mit der Branche wurde von wenig Bewegung berichtet – und einem gewissen Unwillen, an der Summe der Einsparungen etwas zu ändern. Diese Woche kam dann – in Beantwortung einer KURIER-Anfrage – Bewegung in die Sache. Für die „Konsolidierungsjahre“ 2025 und 2026 will Babler den Fokus auf die selektive Förderung legen. Damit sind jene Förderentscheidungen des Österreichischen Filminstituts (ÖFI) gemeint, bei denen anhand verschiedener – auch kultureller – Kriterien förderwürdige Filme ausgewählt werden. Daher soll das Budget der als Standortförderung gestalteten Schiene ÖFI+, das 2026 ohnehin von 37,5 Mio. auf 15,5 Mio. Euro schrumpft, großteils dem selektiven ÖFI-Budget zugeschlagen werden.
Vor einem angekündigten „runden Tisch“ im Parlament mit Babler und Branchenvertretern am kommenden Mittwoch ist die Stille kaum zu überhören. Was hinter den Kulissen derzeit viele Beteiligte antreibt, ist die Frage, wie das zurückgegangene Fördervolumen kompensiert werden kann. Hier ist immer wieder die Rede von einem steuerlichen Incentive, das – wie auch international üblich – auf automatischen Steuerrückzahlungen basiert.
Streamer verpflichten
Das Kulturministerium selbst nennt bisher aber nur die in Aussicht gestellte Streamingabgabe („Investment Obligation“) als Instrument, um ab 2027 wieder „mehr Spielraum“ zu erhalten. Vergleiche mit anderen Märkten in Europa zeigen, dass eine solche Investitionsverpflichtung nicht überall gleich viel an prozentuellem Anteil am Umsatz der Streamer abwirft. Zudem ist mit langwierigen Verhandlungen zu rechnen.
Egal, wie sich die Lage weiterentwickelt – das Filmanreizmodell, wie es 2023 unter Türkis-Grün eingeführt und bald als Erfolgsprojekt bezeichnet wurde, wird ein anderes Gesicht haben. Bereits vergangenen Herbst wurde, nach eineinhalb Jahren, eine Evaluierung gestartet – das Finanzministerium nannte es aufgrund des frühen Zeitpunktes eine „Zwischenevaluierung“. Dabei sollte die beim Wirtschaftsministerium angesiedelte Förderschiene FISA+ (TV, Streaming) auf den Prüfstand gestellt werden – das Filminstitut schloss sich dem an und ließ auch ÖFI+ evaluieren. In der Branche wurde das Grummeln zuletzt immer lauter, weil die Ergebnisse dem Vernehmen nach schon länger vorliegen. Nun gab das Kulturministerium auf KURIER-Anfrage bekannt, dass die Evaluierung kommende Woche veröffentlicht werden soll. ÖFI+ sei zwar als „grundsätzlich positiv“ für die Filmlandschaft bewertet worden, heißt es, die Evaluierung zeige aber auch „Mängel in der Fördereffizienz“ auf, schrieb das Ministerium. Die Ergebnisse würden zeigen, „dass insbesondere die Wertschöpfungsförderung von internationalen Koproduktionen einen negativen Haushaltseffekt hatte – also die Rückflüsse ins öffentliche Budget geringer waren als die Ausgaben.“ Gleichzeitig seien durch den Förderautomatismus „immer mehr solcher internationaler Koproduktionen finanziert und immer weniger der österreichische Film – der einen positiven Haushaltseffekt aufweist.“
In diesen Berechnungen können aber noch keine Lizenzerlöse für heimische Produktionsfirmen berücksichtigt sein, die erst im Lauf der Zeit fließen. Die Schaffung dieser Lizenzrechte war für den sogenannten „Wertschöpfungsbonus“ Bedingung.
Budgeteinschnitte
Seit 2023 gilt das Filmanreizmodell aus ÖFI+ für Kinofilme und FISA+ für TV, Streaming und Serviceproduktionen. Das Budget für ÖFI+ stieg von 15,5 Mio. im Jahr 2023 auf 38,8 Mio. (2024), 2025 liegt es bei 37,5 Mio. Weil dies bereits Ende 2024 ausgeschöpft war, stockte das Kulturministerium (noch Grünen-geführt) mit aufgelösten Rücklagen auf 44,3 Mio. Euro auf. Andreas Babler (SPÖ) will 2026 auf 15,5 Mio. zurückgehen.
FISA+
Das Wirtschaftsministerium begrenzt die (dem Sinn nach) ungedeckelte Förderung FISA+ ebenfalls, bereits 2025 auf rund 60 Mio. Euro (zuvor rund 93 Mio.) – diese Summe werde aber aus Rücklagen um rund 20 Mio. Euro aufgestockt.
Keine neuen Serien
Vergleichsweise ruhig war es seit der Verkündung der Budgetpläne der neuen Dreierregierung um FISA+. Das Wirtschaftsministerium kündigte an, durch Auflösen von Rücklagen in der Höhe von 20 Millionen Euro heuer die Einschnitte in Grenzen halten zu wollen und in Summe 80 Millionen Euro (statt rund 93 Mio. im Vorjahr) zur Verfügung stellen zu können.
Fakt ist aber, dass das Antragsportal für FISA+ weiter geschlossen ist, weshalb keine neuen Film- oder Serienprojekte eingereicht werden können. Technisch gesehen liegt es daran, dass noch immer keine aktualisierten Förderrichtlinien in Kraft gesetzt wurden. Was sagt das Wirtschaftsministerium dazu? Man arbeite gemeinsam mit dem Finanzministerium „auf Hochdruck daran, die Öffnung des Antragsportals ehestmöglich zu ermöglichen“, heißt es gegenüber dem KURIER. „Dabei sind haushaltsrechtliche Vorgaben einzuhalten. Die beteiligten Ministerien sind um eine schnellstmögliche Lösung bemüht.“
Die Branche wartet bereits seit Jahresbeginn auf diese Lösung.
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