Autor Siegfried Lenz ist tot

Der Schriftsteller Siegfried Lenz ist tot. Der bedeutende Autor der deutschen Nachkriegsliteratur starb am Dienstag im Alter von 88 Jahren im Kreise der Familie, wie der Verlag Hoffmann und Campe mitteilte.
Siegfried Lenz' wichtigstes Werk ist der in viele Sprachen übersetzte und verfilmte Roman "Deutschstunde" (1968) über die Nazizeit und einen falsch verstandenen Pflichtbegriff. Der Ostpreuße galt aber vor allem als Meister der Erzählung. Dafür stehen humorvolle Bände wie "So zärtlich war Suleyken" (1955) oder "Lehmanns Erzählungen" (1964). Vor drei Jahren erschien sein letzter Band "Die Maske".
Seit Jahren war Lenz gesundheitlich schwer angeschlagen. Bereits auf den Rollstuhl angewiesen, hatte der Autor in den letzten Jahren ein Appartement in einer Hamburger Senioren-Residenz an der Elbchaussee mit freiem Blick auf den Elbstrom. Im September 2013 besuchte er noch das Hamburger Filmfest und sah sich die Verfilmung seiner Kurzgeschichte "Die Flut ist pünktlich an."
Lebensaufgae

In dem ebenfalls verfilmten Roman "Heimatmuseum" (1978) lässt Lenz die verlorene ostpreußische Heimat literarisch wiederauferstehen und schenkt so zumindest einem Teil der Vertriebenen inneren Frieden. Die Hauptfigur, der masurische Teppichwebermeister Zygmunt Rogalla, verbrennt das von ihm einst gerettete Heimatmuseum, um es vor ideologischem Missbrauch zu retten.
Auch politisch engagierte sich der in der Nazizeit aufgewachsene Autor für die Aussöhnung mit Polen. 1970 begleitete er mit Grass den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt ( SPD) zur Unterzeichnung des Warschauer Vertrages. Außerdem mahnte Lenz Solidarität mit Israel an, als der damalige irakische Diktator Saddam Hussein den jüdischen Staat mit Raketen bedrohte.
Seine Werke sind nach Angaben des Verlags, dem Lenz seit Beginn seiner schriftstellerischen Arbeit sein Leben lang die Treue hielt, in mindestens 35 Sprachen übersetzt. Die Weltauflage dürfte bei über 30 Millionen liegen. Ein Millionenpublikum fanden die Fernsehverfilmungen "Der Mann im Strom", "Das Feuerschiff" und "Die Auflehnung", jeweils mit Jan Feddersen in der Hauptrolle. Das breite Oeuvre von Lenz umfasst Romane, Erzählbände, Theaterstücke, Hörspiele und Essays - etwa über das Selbstverständnis des Schriftstellers als "Ein-Mann-Partei".
Seine wichtigsten Werke im Überblick
Von der Nazidiktatur geprägt

Das nach Kriegsgefangenschaft in Hamburg begonnene Lehrerstudium brach Lenz 1948 ab, um Journalist zu werden. Nach kurzer Arbeit als Kulturredakteur der Zeitung Die Welt begann er 1951 als freier Schriftsteller in der Elbmetropole, seiner neuen Heimat. Ein zentrales Thema des Autors wurde die Auseinandersetzung mit dem Pflichtbegriff. Auch in seinem Welterfolg „Deutschstunde“ (1968) geht es neben einem Vater-Sohn-Konflikt vor allem um die Folgen eines unkritischen Pflichtbewusstseins.
Romane, Theaterstücke & Hörspiele

Im hohen Alter wagte sich der mit hohen literarischen Auszeichnungen geehrte Autor erstmals an eine Love-Story. Die Novelle „Schweigeminute“ (2008) wurde ein inzwischen in viele Sprachen übersetzter Bestseller. Und auch die ein Jahr später erscheinende Novelle „Landesbühne“ (2009), in der Lenz die Summe seiner existenzialistischen Lebensphilosophie in einer wundersamen Geschichte erzählerisch vermittelt, ist ein großer Erfolg. Mit "Die Maske" (2011) setzte sich Lenz in fünf Erzählungen mit Rollenverhalten dem wahren Charakter von Menschen auseinander.

In diesem Jahr wurde der erste mit 50.000 Euro dotierte Siegfried-Lenz-Preis vergeben. Er ging an den israelischen Schriftsteller Amos Oz.
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