Vielleicht ist es mit der Fotografie auch mal vorbei
Gültige Fotos machen: Geht das überhaupt noch? Es steht außer Zweifel, dass das Ökosystem der Bilder in den vergangenen Jahrzehnten massive Turbulenzen durchlaufen hat, wobei wir nicht erst auf die digitale Kamera warten mussten, um redundante Bilder immergleicher Motive anzufertigen.
Die Dokumentar- und Pressefotografie hat sich ins wirtschaftliche Nirvana verabschiedet, die Amateurfotografie füttert Roboter, die zum Dank dafür Bilder ausspucken, die der Gebrauchsfotografie (Mode, Produkte etc.) den wirtschaftlichen Boden entziehen. In diesem Szenario erscheint „Kunst“ als eine Art Rettungsboot: hier werden noch Foto-Arsenale gegründet, Museen bestückt, akademische Curricula ausgeschrieben und Bücher in Kleinstauflage verkauft.
Eine Person, die sichtlich nach gültigen Bildern strebt, ist die 1958 geborene Jitka Hanzlová, deren Werk u. von der Galerie Georg Kargl mehrfach in Wien präsentiert wurde, aber erst jetzt eine museale Würdigung in der Albertina erfährt (bis 26.10.).
Wobei die prägenden Werke der Künstlerin, die 1982 aus der damals kommunistischen Tschechoslowakei flüchtete und sich in Westdeutschland ansiedelte, aus den 1990er Jahren stammen: Für die Serie „Rokytnik“ besuchte Hanzlová ab 1990 ihr einstiges Heimatdorf, lichtete Land und Leute ab, wobei sich ein Streben nach der adäquaten Perspektive sowohl in der Motivwahl als auch in technischen und formalen Details zeigt: Stets hochformatig und vom Bildgeschehen her unspektakulär, haben Hanzlovás Fotos eine Strenge und Kühle, die sich aus der exakten Anordnung der Bildelemente und der reduzierten Farbigkeit der (analogen) Abzüge ergibt.
Stille Monumente
Als Relikte einer Zeit, in der der Kommunismus offiziell vorbei, aber atmosphärisch nicht verweht war, beeindrucken die Bilder heute noch. In späteren Serien („Bewohner“, „Hier“) richtete Hanzlová ihren durchdringenden Blick auf ihre westdeutsche Umgebung. Die Reibung zwischen Reglement und Widerstand taucht auch hier auf – etwa beim Foto eines Baums, der über seine zugewiesene Nische wächst.
In späteren Serien scheint Hanzlovás technisch-konzeptuelle Brillanz allerdings zum Selbstzweck zu gerinnen. Die Themen (Porträts nach Renaissance-Vorbildern, Wolkenformationen, Wasser, Pferde) werden in Wandtexten mit viel Mühe als relevant dargestellt, scheinen aber zunehmend selbst Rettungsboote für ein liebgewordenes Prozedere zu sein. Ihre bislang letzte Serie führte Hanzlová übrigens wieder in ihr Heimatdorf zurück. Die Arbeit ist noch nicht abgeschlossen.
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