Die orange Sitzgarnitur mit Messingpalme und Papagei, die Besucherinnen und Besucher auf der Eingangsebene empfängt, weist gleich darauf hin, in welcher Tonlage sich das Luxusleben des Ehepaars Horten abspielte.
1958, noch vor der Heirat mit der Wienerin Heidi Jelinek, hatte der Unternehmer Horten die „Villa Dubeau“ in Antibes an der Côte d’Azur erworben – ein modernistisches Gebäude, das zuvor dem Playboy André Dubonnet, Erbe eines Aperitif-Imperiums, gehört hatte. Von ihm übernahmen die Hortens auch jene aus Bambus erbaute Bar, die für die Schau rekonstruiert wurde – an ihr hatte zu Dubonnets Zeiten schon John F. Kennedy Drinks geschlürft. Ein weiterer Raum ist den Yachten der Hortens gewidmet.
Die Kunst erscheint in jenem Teil der Schau ziemlich beiläufig, sie ist auch nicht immer allererste Sahne.
Neben tatsächlichen Ikonen wie Marc Chagalls „Die Liebenden“ – das Plakatmotiv der Ausstellung – hängen hier Strandszenen, Paris-Ansichten und Landschaften unbekannter Künstlerpersonen, dann wieder Namen wie Raoul Dufy oder Pissarro: Werke, mit denen statusbewusste, aber nicht unbedingt kenntnisreiche Menschen einst Villen ausstatteten.
Dass die vor Helmut Hortens Tod 1987 vorhandene „Sammlung vor der Sammlung“ aber doch tiefere Auseinandersetzungen zur Folge hatte, legen die zwei oberen Geschoße glaubhaft dar. Eine echte Entdeckung ist hier ein kleines Frauenbildnis des Künstlers Chaim Soutine von 1935 und ein 1901 gemaltes Porträt einer Dame in Rot von Pablo Picasso – beide mit dem Zusatz „gekauft vor 1987“ versehen. Sie waren – ebenso wie diverse Druckgrafiken von Joan Miró – im Hause des Jetset-Paares schon da, bevor die verwitwete Heidi Horten in den 1990ern begann, in großem Stil Kunst zu erstehen.
Teilweise nachvollziehbar wird in der Schau, was Horten bei einer Auktion 1994 in Tel Aviv erwarb – laut Direktorin Agnes Husslein war dies das erste große Lebenszeichen der Milliardärin am Kunstmarkt. Neben ihrem Lieblingskünstler Marc Chagall erwarb Horten Werke von Moïse Kisling oder Emmanuel Mané-Katz, die ebenfalls das jüdische Leben im Schtetl zum Motiv machten. Für den Betrachter heute sind die qualitätvollen Bilder zumindest ein Anlass, das Image der Horten-Sammlung als reines Kabinett von Trophäen zu hinterfragen.
Diese gibt es natürlich auch: Viele Picassos füllen das oberste Geschoß, dazu etliche Werke des Avantgardisten Yves Klein. Das Haus kann sich rühmen, dessen erstes blaues „Schwammrelief“ von 1958 zu besitzen.
Kunsthistoriker interessiert so etwas. Der Weg vom Wandschmuck zum Museumsstück ist aber ein weiter, und die Schau versucht gar nicht, das zu verschleiern. Neben den oftmals schwülstigen Rahmungen, in denen die Bilder belassen wurden, zeigt auch ein eigens eingerichteter Raum, wie Horten zuletzt mit ihren Werken lebte: Zwischen schweren Vorhängen und Sofas hängen da Wandobjekte von Sébastien de Ganay, daneben ein Matisse.
Der James-Bond-Luxus der 1960er in Antibes ist hier ebenso weit weg wie der Instagram-Luxus der Influencer von heute. Um ein Gefühl für den wandelnden Geschmack verschiedener Zeiten zu bekommen, ist das Museum in der Tat ein lehrreicher Ort.
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