Welche Moderne hätten S’ denn gern? Das mumok blickt in die 80er

Selbst wenn man nur einmal im Leben, und dann nur halb freiwillig, ins Museum geht, nimmt man prägende Eindrücke mit. Ihr Autor erinnert sich etwa noch gut an seinen ersten Besuch im „Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien“, der Anfang der 1990er im Palais Liechtenstein im 9. Bezirk im Rahmen der Schulveranstaltung „Wienwoche“ stattfand. In Erinnerung blieben ein Werk mit Neonleuchten (vermutlich von Nam June Paik) sowie ein Gummihandschuh, den man im Rahmen irgendeiner Vermittlungsaktivität übergestülpt bekam.
„Moderne Kunst“ war damals das, worüber Erwachsene daheim im Bundesland schimpften. Dass die Institution, die heute mumok heißt, eine sehr spezielle Definition von „Moderner Kunst“ vertrat, vermochten wir Schüler nur zu erahnen.
Was man in den 1980ern und frühen 90ern zu sehen bekam, hatte jedenfalls viel mit Dieter Ronte zu tun – jenem Mann, der dem Museum zwischen 1979 und 1989 als Direktor vorstand.
Modern, zeitgenössisch
Unter Rontes Ägide wagte das Museum eine Verschiebung von der „Klassischen Moderne“ – grob gesagt der Kunst, die vor 1938 entstand – zu zeitgenössischen und internationalen Entwicklungen, wie es die derzeitige Direktorin Karola Kraus formuliert. Die Weichenstellung öffnete das Haus für Pop Art, Fotorealismus, Nouveau Réalisme – aber auch für das bis heute widerhallende Lamento der „Monet-bis-Picasso“-Fraktion, wonach das Wiener „Museum Moderner Kunst“ ja gar keine „Moderne Kunst“ zeige.

Auf Ebene 2 des mumok ist nun also bis April 2026 (!) ein Echoraum jener prägenden Dekade ausgebreitet. Auf kulturpolitischer Ebene wurde sie vor allem durch die Anbindung der Sammlung des deutschen Paares Peter und Irene Ludwig, aber auch jener des Restaurators Wolfgang Hahn definiert.
Die Sammlungserweiterung machte die Ausweitung vom „20er Haus“ auf das Liechtenstein-Palais notwendig, die Gründung der „Österreichischen Ludwig Stiftung“ 1981 band die Werke an Wien – und ermöglichte darüber hinaus weitere Ankäufe, die bis heute die Museumsaktivitäten ergänzen.
Ronte verteidigt das Konstrukt angesichts der trägen Sammlungspolitik der Republik, die Museen zu jener Zeit als „nachgeordnete Dienststellen“ betrieb, bis heute als Notwendigkeit.

Erbitterter Widerstand
Der Widerstand gegen die Ludwig-Stiftung war jedoch enorm, Gegner sahen das Engagement des Schokoladenfabrikanten als eine Art Kunst-Kolonisation Österreichs. Sehenswert ist in der Schau ein Auszug einer „Club 2“-Sendung von 1981, in dem mumok-Gründungsdirektor Werner Hofmann mit Ronte und dem Angewandte-Rektor Oswald Oberhuber auf eloquente wie unterhaltsame Art die Klingen kreuzte.
Ob sich diese leidenschaftliche Auseinandersetzung mit der Frage, was Österreich als „Moderne Kunst“ definiert, in der Ausstellung sonst für Nicht-Fachleute erschließt, sei dahingestellt. Zwischen Erwerbungen der Ära Ronte – von Frankenthaler bis Nitsch, von Hildegard Joos bis Maria Lassnig – wurde jedenfalls viel Platz für Möbel geschaffen, auf denen sich Schulklassen niederlassen können. Welche prägenden Eindrücke sie mitnehmen, wird ganz wesentlich auch von der Vermittlung und Programmierung dieser Schau abhängen.
- Die Ausstellung
„Nie endgültig – das Museum im Wandel“ ist bis zum 12. April 2026 auf Ebene 2 des mumok zu sehen. Gezeigt wird Kunst, die von 1979 bis 1989 ans Museum kam. Der Titel der Schau geht auf ein Zitat der damaligen Kulturministerin Hertha Firnberg zurück - Programm
Teile der Ausstellung werden während der Laufzeit variiert. Bis 27. 4. gibt es ein Performance-Programm, ab Mai „Museumsgespräche“
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