Ausstellung 250 Jahre Burg: Ein Rückblick als Pausenfüller

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Das Theatermuseum gastiert im Burgtheater – mit einer Schau über die Geschichte des Hauses. Die Darstellung der NS-Zeit kommt Verharmlosung gleich.

Es gibt immer einen Grund zu feiern. Auch bei den Bundestheatern. Am 5. November zum Beispiel jährt sich die Wiedereröffnung der Staatsoper nach ihrer Zerstörung in den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs zum 70. Mal. Direktor Bogdan Roščić hat für diesen Tag um 11 Uhr einen Festakt angesetzt.

Und von da an kann man bis Ende Jänner im Balkonumgang eine Ausstellung besuchen. Das Haus am Ring setzt sich aber nicht nur mit dem Wiederaufbau, sondern auch mit den Faktoren auseinander, die zur Zerstörung geführt haben – und mit der Rolle der Oper in der NS-Zeit.

Im Burgtheater war die Wiedereröffnung bereits Thema: Ende 2005 unter Direktor Klaus Bachler. Man feierte den 50. Jahrestag und begegnete dem einstigen Pathos mit sanfter Ironisierung.

Schauspiel im Ballhaus

Aber es gibt immer einen Grund zu feiern. Und so feiert das Burgtheater ab 4. November sein 250-jähriges Bestehen. Denn am 17. Februar 1776 erklärte Kaiser Joseph II. das „Theater nächst der Burg“ zum „Teutschen Nationaltheater“. Der Marketing-Titel „250 Jahre Burg“ ist aber eigentlich falsch. Denn schon drei Jahrzehnte vor der Adelung war das alte Ballhaus (dort spielte man eine Vorform von Tennis) bei der Hofreitschule zum Theater umgebaut worden. Die Eröffnung fand am 14. Mai 1748 statt – mit einer Oper von Christoph Willibald Gluck.

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Das alte Burgtheater (um 1780) neben der Hofreitschule

Die Burg ist also bereits 277 Jahre alt. Andererseits ist es erst 231 Jahre her, dass sie zum „k. k. Hoftheater nächst der Burg“ wurde. Einerlei: Die Burg feiert eben. Als Auftakt – schnell noch vor der Staatsoper! – wurde im Zweiten Pausenfoyer eine Ausstellung eröffnet, „inszeniert“ vom Theatermuseum als „Gastspiel“. Denn dessen Heimstatt, das Palais Lobkowitz, ist gegenwärtig wegen Renovierung geschlossen.

In die Konzeption der Schau war die Leitung des Burgtheaters nicht eingebunden: Direktor Stefan Bachmann wirkte bei der Pressebegehung am Freitag wie ein interessierter Gast, der sich an der Hörstation über das einst gepflogene Burgtheaterdeutsch amüsierte.

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Das amüsiert den Burgtheaterdirektor: Stefan Bachmann hört sich Burgtheaterdeutsch an.

Er müsste aber eher tief erschüttert sein – darüber, auf welchem Niveau die Geschichte des Burgtheaters erzählt wird. Mehr oder weniger nur über Schmankerln, Kostüme, Memorabilia. Der Informationsgehalt kommt – welch Armutszeugnis für ein Bundesmuseum! – nicht einmal an den Wikipedia-Eintrag zum Burgtheater heran.

Flockige Zeitreise

Das Kuratorenteam hält sich bei der Zeitreise grob an die Chronologie: Ausgangspunkt bildet das faszierende Holzmodell des alten Bühnenhauses mit der ganzen Maschinerie, um 1880 entstanden – also acht Jahre vor dem Abriss des Hauses, das längst nicht mehr dem Stand der Technik entsprach.

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Das Holzmodell der Bühnenmaschinerie. 

Die letzte Vorstellung fand am 12. Oktober 1888 statt, und bereits zwei Tage später wurde das neue Haus (elektrische Beleuchtung, gefinkelte Belüftung!) eröffnet. Und von 1945 bis 1955 fand das Burgtheaterensemble ob der Kriegsschäden am Haus im Ronacher Unterschlupf.

Gerade einmal eine halbe Schautafel widmet man der NS-Zeit: Der neu ernannte Direktor Lothar Müthel spielte dem Führer genehme, angepasste Autoren, Theaterzettel dienten auch Propagandazwecken. Erwähnt wird gerade einmal Werner Krauß, der als Geldverleiher Shylock in William Shakespeares „Der Kaufmann von Venedig“ widerliche Klischees bediente.

Paula Wessely aber, die im hetzerischen Film „Heimkehr“ mitwirkte? Ist keiner Erwähnung wert. Oder all die Mitarbeiter und Schauspieler, die ab März 1938 aufgrund rassischer oder politischer Gründe die Burg verlassen mussten? Sind auch keiner Erwähnung wert. Diese Ausstellung ist skandalös.

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