Auf Bitte Deutschlands: Algerien begnadigt Schriftsteller Boualem Sansal

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Der 81-jährige Autor, Träger des Friedenspreises des deutschen Buchhandels, saß wegen "Gefährdung der nationalen Einheit" in Haft.

Algeriens Präsident Abdelmajid Tebboune ist einer Bitte Deutschlands nachgekommen und hat den inhaftierten Schriftsteller Boualem Sansal begnadigt. Tebboune entspreche damit der Bitte des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, teilte das Präsidialamt in Algier am Mittwoch mit. 

Der 81-jährige Autor war im November 2024 nach einem Interview festgenommen worden. Ihm wurde eine „Gefährdung der nationalen Einheit“ zur Last gelegt. Steinmeier hatte seinen algerischen Kollegen am Montag gebeten, den französisch-algerischen Schriftsteller angesichts seines hohen Alters und seines „fragilen Gesundheitszustands“ freizulassen und ihm eine medizinische Versorgung in Deutschland zu ermöglichen. Eine Begnadigung Sansals wäre „Ausdruck humanitärer Gesinnung und politischer Weitsicht“, hatte Steinmeier erklärt.

"Erleichterung"

Frankreichs Premierminister Sébastien Lecornu bekundete „Erleichterung“ über die Begnadigung des 81-Jährigen. Er hoffe, dass Sansal seine Angehörigen baldmöglichst treffen könne und genesen werde, sagte er vor Abgeordneten in Paris. Sansals Tochter Sabeha sagte der Nachrichtenagentur AFP, einerseits sei sie pessimistisch gewesen, was das Schicksal ihres Vaters anging. Andererseits habe sie letztlich „immer daran geglaubt“, dass er begnadigt werde. 

Sansal, der 2011 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden war, war im November 2024 bei seiner Rückreise aus Frankreich am Flughafen in Algier festgenommen worden. Anlass der Festnahme war ein Interview, in dem es unter anderem um die Grenze zwischen Marokko und Algerien ging. Das Verhältnis zwischen Frankreich und der ehemaligen Kolonie Algerien ist derzeit durch mehrere, sich überlagernde Konflikte belastet. Zu den Dauerstreitpunkten zählt das häufige Scheitern von Abschiebungen nach Algerien, weil die algerischen Behörden ihren Staatsbürgern nicht die nötigen Papiere ausstellen. 

"Aus reiner Willkür"

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte vergeblich Sansals Freilassung gefordert und Algerien vorgeworfen, den Schriftsteller „aus reiner Willkür“ festzuhalten. Die algerische Justiz verurteilte den Literaten dessen ungeachtet im März zu fünf Jahren Haft. Dem an Krebs erkrankten Schriftsteller wurde eine „Gefährdung der nationalen Einheit“ zur Last gelegt. 

In Algerien wird dem Schriftsteller in intellektuellen Kreisen wegen seiner Haltung in Bezug auf die Einwanderung und den Islam eine Nähe zu Frankreichs Rechtspopulisten vorgeworfen. Sein 2008 erschienener Roman „Le Village de l'Allemand“ („Das Dorf des Deutschen“), in dem er eine Parallele zwischen Islamismus und Nationalsozialismus zieht, wurde in Algerien zensiert.  

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