Der österreichische „Plagiatsjäger“ Stefan Weber wies Ihren Tratschpartner auf den Fall im November 2022 hin, weil die Dissertation 2008 an der Akademie der bildenden Künste in Wien eingereicht worden war. Als Gutachterin fungierte Elisabeth von Samsonow, als Beisitzer Diedrich Diederichsen. Ziemlich prominente Namen.
Ihr Tratschpartner erbat also eine Stellungnahme der Akademie. Doch diese zierte sich. Man müsse die Dissertation ja erst scannen und das Digitalisat dann durch die Plagiatssoftware jagen – das dauere eben. Was natürlich nicht stimmt. Wenn man will, geht das über Nacht.
Am 12. Dezember kam auf Nachfrage die Antwort, dass ein Fachgremium zusammentreten werde, „um das Ergebnis der Softwareprüfung zu sichten, zu interpretieren und das weitere Procedere“ festzulegen. Mitte Jänner hieß es: „Das Gremium hat, nachdem Auffälligkeiten konstatiert wurden, beschlossen“, die Diss extern prüfen zu lassen. Vizerektorin Ingeborg Erhart hätte den Fall bereits bei der Agentur für wissenschaftliche Integrität eingebracht.
Immer wieder fragte Ihr Tratschpartner nach, immer wieder wurde er vertröstet. Am 15. Juni schrieb die Pressesprecherin: „Ich melde mich bei Ihnen, sobald das Verfahren ein Ergebnis gebracht hat.“ Sie hat sich bis jetzt nicht gemeldet.
Die Sache zieht sich nun ein dreiviertel Jahr hin. Bereits Ende Dezember berichtete die FAZ über den Fall samt einem interessanten Hinweis: 2011 hätte Sloterdijk die Annahme kundgetan, dass 98 bis 99 Prozent aller akademischen Textproduktionen „in der wie auch immer berechtigten oder unberechtigten Erwartung des partiellen oder völligen Nichtgelesenwerdens verfasst werden“.
Warum also soll man sich Arbeit antun? Blöd nur, wenn jemand tatsächlich die Dissertation liest. Ihrem Tratschpartner wurde geflüstert, dass gerade die Akademie ein reiches Betätigungsfeld für Plagiatsjäger sein könnte. Aber nicht, um Studierende zu überführen. Sondern um nachzuweisen, dass Professoren ihre Aufgaben nicht erfüllen, weil sie vielleicht spannendere Projekte haben.
Weil Ihr Tratschpartner nur vertröstet, nie informiert wurde, bat er um einen Rat: „Was soll ich tun? Mich ans Ministerium wenden?“ Keine Antwort. Rektor Johan Frederik Hartle, auch Philosoph, ersann unterdessen mit Volkstheaterdirektor Kay Voges eine Unterhaltungsshow, die am 15. September zur Uraufführung gelangt: „Du musst Dich entscheiden!“
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