Wider den neuen Irrationalismus

Wider den neuen Irrationalismus
Theodor Much ist diversen Spielarten des Aberglaubens auf der Spur.

Die Ausgangsthese dieses Buches: „Aberglaube blüht und gedeiht“ – und es lässt sich ein Riesengeschäft damit machen. Unter „Aberglaube“ bzw. „Pseudowissen“ fällt für den Autor fast alles: von Astrologie, Homöopathie, Ayurveda über Anthroposophie bis zur Impfgegnerschaft und Klimawandelleugnung.

Theodor Much, 1942 in Tel Aviv geboren, ehemaliger Leiter der Hautambulanz am Hanusch-Krankenhaus in Wien sowie ehemaliger Präsident der liberalen jüdischen Gemeinde Or Chadasch, geht hart ins Gericht mit allem, was sich der modernen aufgeklärten, technisierten Welt entgegenstellt.

So heißt es etwa über die ja auch jenseits esoterischer Zirkel vielfach akzeptierte, längst in der Mitte der Gesellschaft angekommene Homöopathie: „ein Konglomerat aus irrationalen Vorstellungen, magischen Ritualen und sowohl veralteten, als auch esoterischen Ideen von Krankheit und Gesundheit“. Es handle sich dabei um „ein Glaubenssystem, beziehungsweise eine Form des pseudowissenschaftlichen Fundamentalismus“. Starker Tobak gerade für jene, die mit Fundamentalismus nichts am Hut haben, vielleicht aber schon einmal, wenn sie an die Grenzen der Schulmedizin gestoßen sind, sich alternativen Heilmethoden zugewandt haben.

Trial and Error

Um nicht missverstanden zu werden: Grundsätzlich ist es zu begrüßen, den vielfältigen Formen eines überwunden geglaubten Irrationalismus entgegenzutreten: Der Fortschritt der Menschheit verdankt sich zweifellos der Kombination von wirtschaftlicher Dynamik und technologischer Innovation. Aber wie man an der Impfdebatte während der Corona-Zeit gesehen hat, bedarf es hier großer Behutsamkeit in der Kommunikation – andernfalls wird das Eintreten für das als richtig und notwendig Erkannte kontraproduktiv. Abgesehen davon, dass es ja nicht immer klar ist, was Wissen und was „Pseudowissen“ ist, weil Wissenschaft nach dem Prinzip trial and error funktioniert.

Ziemlich illusionslos ist der – ohnedies stets nüchtern argumentierende – Autor in puncto Klimawandel. „Der Point of no return scheint bald erreicht zu sein“, schreibt er lapidar.

Ob man wirklich all die in dem Buch beschriebenen Phänomene „in einen Topf“ werfen kann, lässt sich mit Recht fragen. Ungeachtet dessen ist der schmale Band eine flüssig geschriebene Tour d’horizon durch die Denk- und Befindlichkeitswelt unserer Tage.

46-217423570

Theodor Much: „Aberglaube und Pseudowissen“, Alibri, 137 Seiten, 14  Euro

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