Kürzlich an der Theatergarderobe. Der Mantel wird abgegeben, die Garderobegebühr bezahlt, und dann das: Die Plakette, die der grimmig dreinschauende Garderobier dem kulturbeflissenen Wortklauber in die Hand drückt, weist ausgerechnet die Zahl 0815 auf. Ein schlimmer Verdacht kommt auf: Wird man hier zuerst taxiert und dann in null Komma Josef als nullachtfünfzehn, also absolut durchschnittlich, eingestuft?
Tatsächlich wird nullachtfünfzehn (in Ziffern 08/15) umgangssprachlich für „mittelmäßig“ und „ganz und gar gewöhnlich“ verwendet. Ein 08/15-Kleid hat keinerlei Chic, ein 08/15-Song keine Chance auf die Top 10 und ein 08/15-Film keine auf den Oscar.
Den Begriff verdanken wir einem Maschinengewehr, das im Jahr 1908 für die deutschen Soldaten entwickelt worden war. Die sieben Jahre später, also 1915, durchgeführte Weiterentwicklung dieser Waffe erhielt den Namen MG 08/15, der auf der Oberseite des Gewehrs eingraviert wurde.
Im Ersten Weltkrieg wurde das Gewehr zum Massenprodukt und somit zu etwas ganz Gewöhnlichem – woraus sich die heutige Bedeutung „nichts Besonderes“ erklären lässt. Eine andere Theorie besagt, dass die Standardisierung der Einzelteile bei der seriellen Produktion des Gewehrs dazu geführt hätte, dass der Ausspruch „das ist 08/15“ sich auf einen durchschnittlichen, aber nicht besonders hohen Standard bezogen habe. Auch der Kriegsfilm „08/15“, mit Joachim Fuchsberger als Gefreiter Asch, geht, wenngleich im Zweiten Weltkrieg spielend, auf diese Altlast im deutschen Waffenarsenal zurück.
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Zurück zum Theaterabend, der auch einen Besuch auf der Toilette inkludierte. Auf deren Tür war in großen Ziffern 00 zu lesen. Was den zuvor durch die Garderobeplakette gedemütigten Wortklauber zum Grübeln brachte. Denn wofür stehen die zwei Nullen eigentlich? Auch hier nützt ein historischer Rückblick. Die 00-Schilder entstanden im 19. Jahrhundert, als in vielen Hotels nur Etagenklos zur Verfügung standen. Um die Klos von den durchnummerierten Zimmern zu unterscheiden, bekamen sie die Doppelnull. Apropos: Als Doppelnull, also als „Häusel“, eingestuft zu werden, ist auch keine Freude. Da noch lieber als nullachtfünfzehn.
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Fundstück der Woche: „Faltbare Aufbewahrungsbox für Kinder“ (Angebot bei Hofer).
Ein abendlicher Theater- oder Kinobesuch ohne Nachwuchs? In der Box sind die Kinder gut aufgehoben!
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Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.
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