Wie Kontaminationen den Alltag bereichern

Viel Leserpost bekam der Wortklauber zur vorwöchigen Kolumne über die Aussage der Chefredakteurin des Österreichischen Wörterbuchs bezüglich der Aufnahme neuer Regeln in das ÖWB („Wir schauen uns an, wie es die Sprachbenützerinnen und Sprachbenützer schreiben“).
Diesem eigenartigen Prinzip folgend, stellt sich Leser Peter K. die Zukunft des Deutsch-Unterrichts so vor: „Es müsste beispielsweise für eine Deutschlehrerin recht spannend […] sein, vor der Beurteilung eines Aufsatzes einmal abzuwarten und zu schauen, wie die Orthographie von ihren Schülern mehrheitlich gehandhabt wird, und erst danach die Noten zu vergeben.“
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In derselben Kolumne wurde angemerkt, dass die Legalisierung des sog. Deppenapostrophs in Eigennamen („Kevin’s Tattoostudio“) die Welt nicht „aus den Fugen heben“ werde. Aufmerksamen Lesern fiel auf, dass diese Redensart ein Konglomerat aus zwei verschiedenen Wendungen ist: „aus den Fugen geraten“ und „aus den Angeln heben“. Solche Vermengungen werden in der Sprachwissenschaft Kontaminationen (von lat. contaminare: „miteinander in Berührung bringen“) genannt. Sie passieren manchmal (wie oben Ihrem Wortklauber) versehentlich. Oft handelt es sich aber um bewusste Mischformen, die mitunter in die Standardsprache eingehen: Brunch (breakfast + lunch), Netiquette (nett + Etiquette), Denglisch (Deutsch + Englisch), mau (matt + flau), Teuro, jein etc.
Vor einiger Zeit hat sich Ihr Wortklauber an dieser Stelle als Freund des Bindestrichs geoutet. Diese Vorliebe scheint er mit einer Bäckerei in der Wiener Wollzeile zu teilen. „Coffee to-go“ ist dort zu lesen (siehe Foto).
Für den einigermaßen rätselhaften Bindestrich gibt es nur eine Erklärung: Hier soll klargemacht werden, dass das bohnenhaltige Getränk nicht aus dem afrikanischen Land Togo stammt. (Worauf zum Glück auch noch mit einem Rufzeichen hingewiesen wird.)
Übrigens: Noch lieber als Coffee to go (bzw. Coffee-to-go) ist dem Wortklauber Coffee to drink.
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Fundstück der Woche: „Classic Chicken Burger. Neu mit Chicken“ (NORDSEE-Werbung) – Wahrscheinlich war der Classic Chicken Burger in seiner früheren Variante mit einem Dorsch oder einer Maus gefüllt.
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Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.
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