Was ein Kolumnist halt so zusammenschreibt

Kein Problem der Rechtschreibung. Hauptsache, den freilaufenden Kindern geht es gut!
Vor einiger Zeit war im KURIER über das Gefährt, das beim Begräbnis der Queen gesichtet wurde, zu lesen: „Der lang gezogene Spezial-Mercedes wurde seinerzeit […] im Städtchen Lorch gefertigt.“
Was die Frage aufwirft: Wer kam für das lange Ziehen des Fahrzeugs zum Einsatz ? Ein Sumo-Ringer, Thomas Glatzl (Austrian’s Strongest Man-Champion in der Gewichtsklasse bis 105 Kilogramm) oder Franz Müllner (39-facher „Guinness World Record“-Halter im Kraftsport)?
Oder handelte es sich doch um etwas ganz anderes, nämlich um die Tatsache, dass der besagte Spezial-Mercedes länger als gewöhnlich, also langgezogen, war?
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Womit wir bei einem der unübersichtlichsten Themen der Grammatik wären: Wann schreibt man Begriffe zusammen und wann getrennt? Die einschlägigen Regeln füllen im Duden zwölf Seiten und lassen selbst Grammatik-Nerds verzweifeln. Denn: Warum werden die Verben „abhandenkommen“ und „zunichtemachen“ nicht getrennt, „zugrunde legen“ und „infrage stellen“ aber schon? Warum heißt es „rückwärtsfahren“, aber „rückwärts einparken“? Warum ist ein Kredit „hoch verzinst“ und der Kreditgeber darüber „hocherfreut“? (Ja, für alle diese Beispiele gibt’s Erklärungen, aber mit denen möchte Ihnen der Wortklauber nicht den Tag verderben).
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Sollten Sie der Meinung sein, dass die Relevanz des Themas für die recht schlecht schreibende (bzw. schlecht rechtschreibende) Internet-Community ohnehin gleich null ist: Irrtum, manchmal entscheidet genau die Zusammen- oder Getrenntschreibung über den Sinn! Eine „recht mäßige Forderung“ ist etwas anderes als eine „rechtmäßige“. Ein „ebenmäßiges“ Gesicht unterscheidet sich von einem, das „eben mäßig“ ist. Die Frage „Wünschen Sie gleich geschlechtlichen Verkehr?“ hat definitiv eine andere Stoßrichtung als „Wünschen Sie gleichgeschlechtlichen Verkehr?“
Und sollte Ihr Energieversorger die Rechnungen an Sie per Mail verschicken, muss er sie „hochladen“ – Sie hingegen werden „hoch geladen“ sein, wenn Sie deren Höhe erblickt haben.
Fundstück der Woche: „30 Jahre Srebrenica – Friedrich Orter im Gespräch. Gast: Friedrich Orter“ (Fernsehprogramm) – Ob das vom ORF übertragene Selbstgespräch ein Quotenhit war?
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Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.
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