Was an der Sprache nervt

Was an der Sprache nervt
Wolfram Kautzky geht in seiner Kolumne "Wortklauberei" den Wörtern auf den Grund. Diesmal geht es um Veränderungen in der Sprache.

Leser Michael W. hat dem Wortklauber eine Aufstellung von Ausdrücken und Phrasen zukommen lassen, die ihn derzeit am meisten nerven. Hier seine „Worst of Words“-Liste:

Ich frage mich, warum Politiker die Menschen „abholen“ sollten, ohne sie irgendwohin mitzunehmen. […] Fürchterlich klingt auch, wenn jemand am Ort XY „aufschlagen“ wird, wenn er beabsichtigt, dort zu erscheinen. „Es braucht“ gefällt mir auch wesentlich schlechter als „man braucht“ oder „man/wir benötigen“ etc. Vielleicht ist diese Formulierung aus der Genderdebatte entstanden, weil „man“ mit „Mann“ verwechselt wird? „Am Stück“ ist auch so eine Formulierung, die ich mit Unbehagen lese. […] Und die 1:1 aus dem Englischen übersetzten Formulierungen haben sich auch schon stark durchgesetzt, zum Beispiel „am Ende des Tages“. Da müsste der Brite dann beispielsweise „the yellow of the egg“ sagen. ;)

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Der Wortklauber meint: Sprache verändert sich. (Selbst Latein hat in den letzten Jahrzehnten noch Neues geschaffen wie z.B. den Satz Hic habemus endiviam. = „Da haben wir den Salat.“) Dagegen ist nichts einzuwenden, denn, Hand aufs Herz, würden Sie statt „Ich muss das Dokument einscannen“ lieber sagen: „Ich muss das Dokument mit einem Licht- oder Elektronenstrahl abtasten“? Erstaunlich freilich, dass manche neuen Begriffe oder Redewendungen innerhalb kürzester Zeit eine Art Alleinherrschaft übernehmen. Das gilt für die oben genannten Begriffe genauso wie für den Ausdruck „ein Stück weit“ (vormals: „ein bisschen“). Wer den nicht im Talon hat, ist mega-out.

Mega-in sind derzeit hingegen all diejenigen, die sich der Phrase „auf Augenhöhe“ bedienen. Sie soll zum Ausdruck bringen, dass man das Gegenüber als gleichberechtigt betrachtet und dementsprechend mit ihm kommuniziert. Gut möglich, dass die Verhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ daran scheiterten, dass deren Obmänner aus anatomischen Gründen schwerlich auf Augenhöhe kommunizieren konnten.

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Fundstück der Woche: „Der 42-jährige Radoje Zvicer soll Boss eines berüchtigten Drogenclans sein. Seine rechte Hand wurde vor Kurzem festgenommen.“ (KURIER) – Die anderen Körperteile scheinen sich weiter auf freiem Fuß zu befinden.

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Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.

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