Von komplizierten Iden und kuriosen Ideen

Seien Sie froh, dass Sie a) nicht im Jahr 44 v. Chr. gelebt haben und b) nicht Gaius Iulius Caesar heißen. Dann wären Sie nämlich vor vier Tagen einem Attentat zum Opfer gefallen, nämlich am 15. März. Diesen Tag nannten die alten Römer die „Iden des März“ – eine Bezeichnung, die Rätsel aufgibt. Die Römer verzichteten nämlich auf das heute übliche Durchzählen der Tage (1., 2., 3. …) und hatten stattdessen im Monat lediglich drei Fixtage: die Kalenden (= Monatserster), die Nonen (= 5.) und die Iden (= 13. des Monats). Auf sie wurden alle Datumsangaben bezogen. Handelte es sich z. B. um den 30. April, wurde dieser Tag als „Tag vor den Kalenden des Mai“ bezeichnet.
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Doch es kommt noch komplizierter. Im März, Mai, Juli und Oktober rückten die Nonen und die Iden um zwei Tage nach hinten, also auf den 7. bzw. den 15. des Monats – somit waren die Iden im Februar der 13., im März aber der 15. Tag. Sollten Sie angesichts dieser Zahlenspielereien Zweifel an der vielbeschworenen Fortschrittlichkeit der Römer haben: Immerhin zwei Bestandteile der für uns unverständlichen Zählweise sind erhalten geblieben. An den „Kalenden“ (= von lat. calare, „rufen“) riefen die Priester den Monatsbeginn aus, und an diesem Termin forderten die Gläubiger auch die Zinsen von ihren Schuldnern ein. Aus dem dafür notwendigen calendarium („Schuldenregister“) entwickelte sich der moderne Begriff „Kalender“.
Die „Iden des März“ haben sich in Anlehnung an das Attentat auf Cäsar, das ihm für ebendiesen Tag prophezeit worden war, als Metapher für ein drohendes Unheil erhalten. Nicht nur die Literatur (Thornton Wilder, „Die Iden des März“), sondern auch die Musik (Colosseum, „Beware the Ides of March“) und der Film („The Ides of March – Tage des Verrats“ mit George Clooney) bedienten sich des Titels. Eine andere Idee hat Leser Dr. Wolfgang N. für sich entwickelt: Er ruft jedes Jahr am 15. 3. die „Iden des Märzen“ aus und zelebriert selbige in einem Bierlokal seiner Wahl – Attentat auf die Leber inklusive.
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Fundstück der Woche: „An Minderwertige wird kein Alkohol verkauft“ (Schild in einem Tankstellenshop in NÖ) – an Minderjährige offensichtlich schon.
Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.
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