Warum die Zitronenlimonade wenig schmeckt

Warum die Zitronenlimonade wenig schmeckt
Wolfram Kautzky geht in seiner Kolumne "Wortklauberei" den Wörtern auf den Grund. Doppelt ist in der Sprache nicht immer gut.
Wolfram Kautzky

Wolfram Kautzky

Was haben die Wörter Augenoptiker, Glasvitrine und Zitronenlimonade gemeinsam? Sie, bzw. ihre ersten Bestandteile, sind eigentlich überflüssig. Denn: Hier wird ein und dasselbe doppelt ausgedrückt.

Der Optiker heißt ja deswegen so, weil in ihm das griechische Wort optikós „das Sehen betreffend“ steckt; hinter der Vitrine verbirgt sich nicht nur ein Schmuckstück oder eine Cremetorte, sondern auch das lateinische Wort vitrum „Glas“; und die Limonade hat ihren Namen von französisch limon („Zitrone“).

Dieses sprachliche Phänomen der Sinnverdoppelung wird Pleonasmus (griech., „Überfluss“) bzw. Tautologie („doppelte Aussage“) genannt.

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Bei Fällen wie den eben genannten sind die „Verdoppelungen“ meist auf die Unkenntnis des jeweiligen enthaltenen Fremdworts zurückzuführen – sie gelten daher als Stilfehler.

Oft wird der Pleonasmus aber auch zur bewussten Verstärkung eingesetzt: Ein „neu renoviertes Haus“ ist besser verkäuflich als eines, das lediglich renoviert ist; wer etwas „auseinanderdividiert“ oder „zusammenaddiert“, tut dies hoffentlich wesentlich gründlicher als jemand, der die Grundrechnungsarten nur marginal beherrscht; und wer etwas „mit eigenen Augen“ gesehen hat, sagt zwar etwas Selbstverständliches, verleiht aber seiner Beobachtung besonderen Nachdruck.

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Leserin Eva K. möchte wissen: „Warum ist in den Turnsendungen im Fernsehen immer vom Bauchnabel die Rede? Es gibt doch nur einen Nabel, nämlich den am Bauch!“ – Eine Nach- (bzw. Nabel-)Schau Ihres Wortklaubers bei den Damen und Herren Kreuter, Jelinek, Mählich etc. ergab: Frau K. hat recht. Aber vielleicht haben die Vorturner der Nation ja auch eine antike Sage im Hinterkopf: Um den Mittelpunkt der Welt festzulegen, ließ Zeus von den beiden Enden der Welt zwei Adler losfliegen. Wo sie aufeinandertrafen, fiel ein Stein (griech. omphalos, Nabel) vom Himmel. Er landete in Delphi und markierte fortan den „Nabel der Welt“. So gesehen hat der Bauchnabel schon seine Berechtigung – auch wenn Ihnen die Begründung recht nabulos vorkommen mag.

Fundstück der Woche: „Mord: Wasserleiche in Donau erschlagen“ (Österreich) – Der Mörder dürfte offensichtlich sehr pleonastisch vorgegangen sein.

Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.

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