Von Hündchen, Häufchen und größeren Haufen

Von Hündchen, Häufchen und größeren Haufen
Wolfram Kautzky geht in seiner Kolumne "Wortklauberei" den Wörtern auf den Grund.
Wolfram Kautzky

Wolfram Kautzky

Wer die schöne Amalfi-Küste bereist, kommt nicht umhin, das eine oder andere Mal ein Schlückchen Limoncello zu sich zu nehmen. Dieser Zitronenlikör ist köstlich, teuer – und ein Diminutiv. Zur Erklärung: Unter einem Diminutiv (auch: Deminutiv) versteht man eine Verkleinerungsform. Im Italienischen wird die Verkleinerung oft durch die Nachsilbe -(c)ello ausgedrückt: Ein fraticello ist ein kleiner Bruder, ein fagotello ein kleines Päckchen, der limoncello wörtlich genommen eine „kleine Zitrone“.

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Im Deutschen stehen für die Verkleinerung die Silben -chen und -lein zur Verfügung (alter Merksatz: „-chen und -lein machen alles klein“), wie die Wörter Kindchen, Schweinchen, Steinchen bzw. Bächlein, Vöglein, Mäuslein zeigen. Manche Diminutive haben allerdings auch einen neuen, eigenen Sinn angenommen: Das Früchtchen (auch: Früchterl) ist in der Regel keine kleine Frucht, sondern eine Art Lausbub, mit dem Schäferstündchen ist keine kurze Tierbeaufsichtigung und mit dem Bäuerchen in der Regel kein Kleinbauer gemeint. Einigen Verkleinerungsformen auf -chen fehlt sogar die Grundform: Flittchen, Maskottchen, Kaninchen, Veilchen (die jeweiligen Grundwörter Flitt, Maskott, Kanin und Veil existieren nicht).

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Von Hündchen, Häufchen und größeren Haufen

Verschieden große Hinterlassenschaften: Von Chihuahua bis Berner Sennenhund

Eine weitere Möglichkeit zur Verkleinerung bzw. Verniedlichung bietet die Endsilbe -i. Aus dem beliebten FC Tirol-Kicker Hans Müller wurde rasch der „Hansi“, aus Herrn Schumacher der „Schumi“ und aus Herrn Schweinsteiger der „Schweini“. Solche Koseformen sind in gehäufter Form im Hundehalterdeutsch zu finden: „Herrchen und Frauchen“ gehen gern „Gassi“, lassen das „Hundi“ das „Balli“ holen oder das „Wurschti“ suchen, damit es wieder „Fressi“ hat. Als der Wortklauber allerdings kürzlich beim Laufen in ein Haufi stieg, war es vorbei mit der Verniedlichung – es stammte leider offenbar von einem Berner Sennenhund.
 

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Fundstück der Woche: „Mit der Pfingstrose verweist Waldmüller geschickt auf sein großes Können als Blumenmaler. Seine Vielseitigkeit macht ihn zu einem der gefragtesten Künstler*innen in Wien“ (Bildlegende im Oberen Belvedere)

Ob der Verfasser dieser Zeilen zu einem der gefragtesten Autor*innen wird, darf bezweifelt werden.

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Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.

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