Es lebe der Bindestrich! / 2

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Wolfram Kautzky geht in seiner Kolumne "Wortklauberei" den Wörtern auf den Grund. Mit weiteren Anwendungsbeispielen eines besonderen Satzzeichens.
Wolfram Kautzky

Wolfram Kautzky

Unlängst hat sich Ihr Wortklauber an dieser Stelle als Freund des Bindestrichs geoutet, handelt es sich doch um jenes Satzzeichen, das den Leser vor gravierenden Missverständnissen bewahren kann: Ein Kleingartenverein mit dem Namen „Neu-Rosental“ (1140 Wien) dürfte sich hinsichtlich der Bewohnerschaft doch deutlich von einem Verein „Neurosental“ unterscheiden. Oder nehmen Sie den Satz „Die Hochzeit des Marko Arnautovic ist schon lange vorüber“ – die Bedeutung wäre zweifellos eine andere, würde man die „Hochzeit“ durch die „Hoch-Zeit“ ersetzen. Generell gilt: Der Bindestrich trennt, hebt hervor und hilft, Fehlinterpretationen zu vermeiden.

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Grundsätzlich ist die Verwendung von Bindestrichen weitgehend fakultativ. Ob Sie also „Schwimmmeisterschaft“ oder „Schwimm-Meisterschaft“ schreiben, bleibt Ihnen überlassen. Obligatorisch ist der Bindestrich aber bei Zusammensetzungen mit Wortgruppen: Was den „Magen-Darm-Katarrh“ mit dem „Latte-macchiato-Glas“ und der „4-mal-100-Meter-Staffel“ verbindet, ist der durchgekoppelte Bindestrich. Auch Straßennamen folgen dieser Regel (Dr.-Karl-Renner-Ring, Kaiser-Ebersdorfer-Straße etc.). Doch keine Regel ohne Ausnahme: Steht ein Ausdruck unter Anführungszeichen, entfällt der Bindestrich innerhalb dieses Ausdrucks (die „James Bond“-Filme, der „Taylor Swift“-Fanklub).

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Ebenfalls verpflichtend muss der Bindestrich zwischen zwei gleichrangigen Adjektiven gesetzt werden (eine schaurig-schöne Geschichte, die deutsch-österreichischen Beziehungen etc.). Doch auch hier lauern Fallen: Wenn Sie jemanden als „türkisch-stämmig“ bezeichnen, könnte irrtümlich der Eindruck entstehen, dass Sie der Person unterstellen, dass sie einerseits türkisch, andererseits stämmig ist. Übertreiben Sie es also nicht mit dem „Divis“ (so der Fachausdruck der Druckersprache für den Bindestrich) und schreiben Sie lieber „türkischstämmig“ – so vermeiden Sie eine Auseinandersetzung mit der potenziell stämmigen Person.

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Fundstück der Woche: „Spezialreinigung von Braut und Abendkleidern“ (Putzerei in Graz) – Hier verhilft der fehlende Bindestrich nicht nur der Robe, sondern gleich auch der Braut zu einer Spezialreinigung.

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Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.

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