Haarspaltereien

Wolfram Kautzky
Wolfram Kautzky geht in seiner Kolumne "Wortklauberei" den Wörtern auf den Grund.
Wolfram Kautzky

Wolfram Kautzky

Dr. Martin S., häufiger Gast in dieser Kolumne, hat seinen letzten Haartrockner in den frühen 90er-Jahren erstanden. Mittlerweile aus biologischen Gründen nicht mehr auf derartige Geräte angewiesen, treibt ihn nur mehr eine Frage um: Warum wird das zweckdienliche Produkt heute nicht mehr „Fön“, sondern „Föhn“ geschrieben? Eine Frage, die auch in seinem Freundeskreis für haarige Diskussionen (und erhitzte Köpfe) sorgt.

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Tatsache ist, dass bis zur Rechtschreibreform 1996 zwischen dem Föhn (= warmer Wind) und dem Fön (= Haartrockner) unterschieden wurde. Der Grund dafür war ein juristischer: Als 1908 der erste Haartrockner auf den Markt kam, konnten seine Erfinder das seit dem 16. Jh. belegte Wort „Föhn“ nicht als Marke schützen lassen und ließen daher stattdessen „Foen“ (= „Fön“) ins Markenregister eintragen. Die Firma AEG (die zuvor mit dem Begriff „Heißluftdusche“ geworben hatte) übernahm später die geschützte Marke. Bald wurde, ähnlich wie z. B. bei Tixo (für alle Klebebänder) und Uhu (für alle Flüssigkleber) aus einem Markennamen das Synonym für eine ganze Gattung – wer die Haare trocknete, „fönte“ sie, und zwar ohne h. Seit 1996 ist damit Schluss: Aus nachvollziehbaren Gründen (sowohl vom Fön als auch vom Föhn wird – wie fallweise auch vom Autor dieser Kolumne – heiße Luft produziert) verfügten die Wächter der deutschen Sprache, dass nur mehr die Schreibweise mit h die richtige ist.

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Jene Berufsgruppe, die sich am häufigsten mit dem Föhnen beschäftigt, sind naturgemäß die Friseure (die man übrigens auch ungestraft Frisöre schreiben darf). Diese zählen zu den sprachlich kreativsten Dienstleistern Österreichs, wie Ihr Wortklauber durch minutiöse Recherche herausfinden konnte: Die Namen der Frisiersalons reichen von „Haarscharf“ (Wien) über „Haargenau“ (Bruck an der Mur), „Vier Haareszeiten“ (Traun, Traiskirchen) und „Haarmonie“ (Wien) bis zu „Haar-em“ (Wien, Dornbirn) und „Haarakiri“ (Bad Ischl). Nicht fündig wurde Ihr Wortklauber allerdings beim Namen „Kaiserschnitt“ – obwohl Franz Joseph I. sicher ab und zu einen solchen verpasst bekam.

Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.

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