Antastbar, weil arm

Armutsbetroffene fühlen sich auch ohne zynische Kommentare schon schlecht genug. Würde ist das Mindeste, das sie verdienen
Michael Huber

Michael Huber

Die Würde des Menschen ist, anders als es Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes behauptet, relativ leicht antastbar. Etwa, wenn ein Mensch arm ist.

Die „Am Schauplatz“-Reportage auf ORF 2 brachte am Donnerstag eindringliche Schicksalsgeschichten zusammen, die vorführten, wie sich Armut ins Selbstbewusstsein der davon Betroffenen frisst. Für das Gefühl, irgendwie versagt zu haben, brauchen diese Personen gar keine Kommentare von außen, die ihre Misere auf „individuelle Entscheidungen“ oder Faulheit zurückführen: Nein, die Scham ist bereits durch tief internalisierte Normen verwurzelt.

Ebenso eingewachsen sind jene Mechanismen, die dazu führen, dass Frauen besonders oft in Armutssituationen gelangen – trotz Arbeit. Es spricht dennoch nichts dagegen, dass sich Strukturen und Normen ändern können. Die Sache mit der Würde ernst zu nehmen, wäre ein Anfang.

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