Winken und lächeln

Handy starren, Motor rennen lassen, nicht vor Zebrastreifen stehen bleiben: Wie man mich ordentlich ärgert.
Barbara Beer

Barbara Beer

In Kanada hat es im Winter manchmal minus 20 Grad und der Winter dauert gern einmal acht Monate. Dass es dort Leute gibt, die den Motor rennen lassen, während sie das unter zehn Metern Schnee begrabene Auto ausschaufeln, ist zwar mies zur Umwelt und schlecht fürs Auto, aber irgendwie noch argumentierbar.

Gar nicht argumentierbar (und außerdem verboten) ist, wenn Menschen in Wien in schnee-und eisfreien Monaten im stehenden Auto sitzen und der Motor rennt. Man muss nicht dazu sagen, dass sie dabei meistens auf ihr Handy starren.

Alle Leute starren ja jetzt meistens auf ihr Handy, egal, ob sie im Auto sitzen oder auf dem Gehsteig gehen und es ist einziges Wunder, dass nicht öfter was passiert. Besonders, wenn diese Nachrichten-in-Echtzeit- oder Schminktutorial-Fixierten Handy starrend die Straße überqueren und sich darauf verlassen, dass die Autofahrer vor dem Zebrastreifen eh stehen bleiben. Stimmt, ja, sollten die Autofahrer, aber tun sie oft nicht. Und wenn doch, dann gerne begleitet von einem gönnerhaften Wacheln, das dem Fußgänger zu verstehen gibt, er möge sich tunlichst beeilen.

Puh, ich sag Ihnen, für die Misanthropen im Redaktionskomitee der Wiener Ansichten ist dieser Tage ganz schön was los auf Wiens Straßen und Gehsteigen. SUVs, Raser, Roller, Handydauerstarrer. Wer sich ärgern will, ist im Dauereinsatz.

Die freundlicheren unter uns erinnern daran: Es gibt auch höfliche, umsichtige Verkehrsteilnehmer, und zwar von jeder Sorte (Handystarrer ausgenommen). Meine Mutter war eine solche umsichtige, meist höfliche und oft auch elegante Autofahrerin. (Von außen betrachtet. Wer einen Blick in ihr Auto warf, sah einen haarenden, sabbernden Schäferhund in ihrem Nacken, gewöhnungsbedürftig.)

Meine Mutter besaß schicke Autofahrerhandschuhe und wenn sie sich per Handzeichen mit anderen Automobilisten verständigte, hielt ich das als Kind für ein Winken. Ich war sehr, sehr stolz auf meine Mutter, von der ich annahm, sie sei mit halb Wien bekannt.

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