Wiener Ansichten: Kompromittierende Situationen

Die Ansichten darüber, was (noch) ein Glück ist, liegen mitunter weit auseinander. Schweine haben nicht zwingend damit zu tun.
Barbara Beer

Barbara Beer

Unlängst war im KURIER zu lesen, dass man mit etwas Glück ein Wildschwein im Lainzer Tiergarten treffen könne.

Nun tagt das Redaktionskomitee der Wiener Ansichten besonders gerne in diesem herrlichen Naherholungsgebiet im Westen Wiens, und die Frage, ob das Zusammentreffen mit einem Wildschwein tatsächlich ein Glück ist, wird heftig debattiert.

Die einen verweisen auf die herzigen Frischlinge, die es nun, als zweiten Wurf in diesem Jahr, wieder gibt. Wie putzig.

Ja, sagen die anderen, aber was, wenn man das Pech habe, zwischen Mama und Nachwuchs zu geraten? Dann schaue man blöd aus der Wäsche.

Unterstützt wurden die Bedenkenträger im Redaktionskomitee nun durch den Autor und Schauspieler Matthais Brandt, der in einem Interview mit der deutschen Wochenzeitung Die Zeit seinem Respekt gegenüber diesen gut organisierten Wildtieren Ausdruck verlieh.

Als ehemaliger Fernsehkommissar wusste er Schauriges zu berichten: Die sicherste Methode, eine Leiche verschwinden zu lassen, sei, sie dort in den Wald zu legen, wo es viele Wildschweine gebe. Binnen weniger Tage sei die Leiche ohne irgendwelche Rückstände verschwunden.

Diese empirisch unterfütterten grausigen Kriminal-Details muss nicht jeder Besucher des Lainzer Tiergartens ständig im Hinterkopf haben, wenn er arglos durch diesen schönen Wald spaziert. Es ist aber jedenfalls klug, auf dem Weg zu bleiben und die herzigen Frischlinge, so man das Glück hat, auf sie zu treffen, keinesfalls zu füttern – denn die Mama ist nicht weit.

Sollte sich trotz Beherzigung dieser Ratschläge eine kompromittierende Situation mit Wildsauen ergeben: Weglaufen ist sinnlos – ein Wildschwein ist um zwei Drittel schneller als ein Mensch. Was also tun? „Das Wildschwein im Auge behalten und langsam weggehen“, rät Wiens Forstdirektor.

Und außerdem, sagen wir, auf das hoffen, was man ja angeblich schon hatte, als man das Wildschwein ursprünglich erblickte: Eine Portion Glück.

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