Wiener Ansichten: Düsseldorfer Kulturschock

Das Wiener Dilemma: Diese Stadt lieben und trotzdem genervt sein von den ständigen Lobhudeleien
Barbara Beer

Barbara Beer

Von Zeit zu Zeit ist es ganz gut, sich anzuhören, was andere über einen reden. Da erzählte nun der neue Direktor des Volkstheaters, Kay Voges, ein gebürtiger Düsseldorfer, in mehreren Interviews von seinen ersten Eindrücken seiner neuen Arbeitsstätte.

Es sei für ihn ein regelrechter „Kulturschock“, dass es in Wien einen Stolz auf die eigene Heimat gebe, den er aus dem Ruhrgebiet nicht kenne. (An dieser Stelle verbitten wir uns hämische Hinweise darauf, dass dies weniger an Mentalitätsunterschieden als an objektiv nachvollziehbaren Kriterien liegt. Ruhrgebiet gegen Wienerwald. Sie können sich das denken, wir im Redaktionskomitee tun das eh auch). Ob es sich dabei um Narzissmus („problematisch“) oder Selbstbewusstsein („schöne Angelegenheit“) handle, fragt sich Voges und mahnt: Lässt dieses Selbstbewusstsein auch Selbstkritik zu?

So kurz Herr Voges nun da ist, hat er es schon erfasst: Das Wiener Dilemma. Wenn man gerne in dieser Stadt lebt und ihre vielen Vorteile genießt (eine Mischung aus guter Lage und guter Verwaltung, und ja, Letzteres hat ursächlich mit Politik zu tun) – dann heißt das nicht, dass man nicht manchmal genervt sein darf von den ständigen Lobhudeleien der Stadtregierung auf sich selbst.

Jetzt schon wieder: Mit den Worten „Klimaschutz durch Grünflächen“ bewirbt die „Fortschrittskoalition“ nun die „ Grüne Stadt“ und das „Wiener Klimabudget“, mit dem man mehr Grün schaffen wolle. Ein Tipp: Bevor man neue Grünflächen schafft, könnte man auch einfach die, die es gibt, nicht komplett verbauen. Es gibt etwa mit Oberlaa ein traumhaftes Naherholungsgebiet im Süden der Stadt – eine Umwidmung in Landschaftsschutzgebiet könnte mit geringen Kosten viel bewirken. Und auch für die letzten Grünflächen im Donaufeld gilt: Klimaschutz bedeutet nicht, Kübelpflanzen auf Beton zu stellen. Klimaschutz heißt, erst gar nicht zubetonieren.

Und noch etwas: Das Wort „Fortschrittskoalition“, wie sich die Rot-Pinken nun nennen, ist irgendwie, äh, retro.

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