Wer klopft an der Tür?

Klaus Eckel
Kabarettist Klaus Eckel über das Problem der Tagesfreizeit und dem guten Riecher der Packetzusteller.

Die meisten Zuschauer beneiden Kabarettisten aus demselben Grund: Tagesfreizeit. Das klischeehafte Bild vom Berufsstand des Komikers ist, dass er jeden Morgen vom Pyjama direkt in die Jogginghose steigt und am Sofa wartet bis es Abend wird.

Das stimmt natürlich nicht, erstens bleibe ich oft im Pyjama und zweitens machte das Internet meiner Tagesträgheit einen Strich durch die Rechnung. Es hat sich nämlich herum gesprochen, dass ich der Einzige in der Nachbarschaft bin, der zwischen 9 und 17 Uhr zu Hause ist. Vor allem bei DHL, UPS und der Post. Ständig läutet es an meiner Tür und ein Paketdienstfahrer begrüßt mich mit: „Können Sie übernehmen?“. In die linke Hand drückt er mir dann einen Karton, damit ich mit der rechten Hand auf seinem Elektroblock die Übernahme bestätige. Ich unterschreibe abwechselnd als Peter Handke, Hannibal Lector und Bibi Blocksberg. Dem Fahrer ist das sowie so wurscht. Die Ware, die dann in meinem Vorzimmer liegt, macht mich mittlerweile nervös. Ein Nachbar, für den ich regelmäßig Pakete übernehme, schwärmte mir vor Kurzem von den Möglichkeiten des Darknet vor. Sofort kam mir der Gedanke, dass mein Vorzimmer vielleicht in Kolumbien ein bekanntes europäisches Zwischenlager für Kokain ist. Da ich meine Sorgen gerne füttere, tippte ich in den Webbrowser meinen Namen, Kolumbien und Drogen ein. Google fragte mich tatsächlich: „Meinten Sie Pablo Ecklobar?“ Ich klappte den Computer zu und brachte dem besagten Nachbarn sein Paket ins Büro.

Eigentlich muss ich mich vor der Raffinesse von Amazon verbeugen. Sie haben es geschafft, dass die Asfinag ständig neue Straßen baut, damit die Pakete noch schneller beim Kunden sind, dass Menschen mit Tagesfreizeit sich ungefragt zu Lagerarbeitern umschulen ließen und dass Sie am Ende des Jahres vom Finanzamt statt einem Steuerbescheid eine Weihnachtskarte bekommen.

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