Im Duzen billiger
Besonders im österreichischen Fremdenverkehr hat es sich eingebürgert, den Gast unaufgefordert zu duzen. Ich war im Sommer auf Urlaub in Österreich, in einer Gegend, die so gesund ist, dass sie haben müssen einen Touristen erschießen, damit sie den Friedhof einweihen haben können, und bin dort mit dem Sessellift gefahren; und buchstäblich jeder, der mir – auf Talfahrt – entgegengekommen ist, hat beiläufig gesagt Griaß di. Ich habe die ganze Fahrt unausgesetzt genickt. Griaß di, Griaß di, Griaß di... Wenn ich nicht endlich aussteigen hätte können, hätt’ ich wahrscheinlich ein Peitschenschlagsyndrom bekommen.
Vor allem im „All inclusive Tourismus“ wird mit „Du“ eine Art „Wir“-Gefühl erzeugt. Ich komm in so einen Ferien-Club, gehe zur Rezeption, und einer, den ich – ich schwör’s – noch nie zuvor gesehen habe – er mich auch nicht, von dem hätte ich mich gar nicht gern sehen lassen – sagt: „Servus, ich bin der Sven! Kommst du heute zum Willkommenscocktail? Da musst du schau’n, dass du rechtzeitig vom Bogenschießen zurück bist.“ Ich betrete den Lift, steht der clubeigene Fleischer mit frechem Käppi drin, mit martialisch blutiger Schürze, einer Schweinehälfte auf der Schulter und sagt kumpelhaft: „Griaß di, mir kennen uns vom Sessellift.“
Und dann: „Kumm eine, für eine zweite Sau is noch Platz.“ Ich steig ein, schaue mit gemischten Gefühlen auf seine blutige Schürze und er sagt: „Die is vom Nitsch.“
Aber so eine rau-herzliche Witzigkeit haben „All inklusive Gäste“ gerne: „Du Inge, du muasst dir ausrechnen, wievü i jeden Tag tschechern muass, damit si der „All inklusive Urlaub“ überhaupt rentiert!“
Früher waren wir Kleinbürger, heute sind wir Calvin Klein Bürger.
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