Verkehrsgünstige Lage

Wie nennt man im Immobilienvermarkter-Jargon eine Lage direkt neben der Südosttangente? Richtig: „Blick in den Sonnenaufgang.“
Barbara Beer

Barbara Beer

Richtig schön war Erdberg nie, aber liebenswert und voll uriger Wirtshäuser. Aber puh, wer dieser Tage in der Gegend ist, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Da ragen diese drei Türme mit dem kindischen Namen „TrIIIple“ dermaßen unförmig in den Himmel, dass man an einen schlechten Science-Fiction-Film denken muss. „Transformers“, vielleicht.

Könnte sein, dass die Vermarkter Humor haben, auf der Website ist von einer „neuen Dimension von Wohnen, Arbeiten und Leben“ die Rede. Eh. Einer Überdimension nämlich. Aber gut, man will ja Landmark sein. Und vielleicht drehen sie hier bald einen neuen Film: „Transformers – a new Dimension“.

Noch ambitionierter ist man auf der anderen Seite des Praters bei der Donaumarina. Dort soll mit dem BAI-Tower gar eine „neue Stadtikone“ entstehen: 113 Meter soll das Bürohochhaus werden, es baut Stararchitekt Dominique Perrault. Immerhin hat er sich im Vergleich zu seinen DC Towers auf der Donauplatte um die Hälfte eingeschränkt. Wir im Redaktionskomitee der Wiener Ansichten wetten: Dazu hat ihn der Zentralverband der Kleingärtner Österreichs gebracht, gleich ums Eck der neuen Stadtikone, die sich „sensibel in die Umgebung einfügen“ wird, wie die Ikonen-Presseaussendung frohlockt.

Immobilien-Euphemismen gehören zu den schönsten Sub-Genres von Deskriptionsprosa. Sie wissen ja, was „verkehrsgünstige Lage“ bedeutet. Wie nennt man folglich die Lage der „TrIIIple“-Türme direkt neben der Südosttangente? Richtig: „Blick in den Sonnenaufgang.“

Wunderbare Bau-Epik gibt’s auch auf der Website von Wiener Wohnen. Etwa die Beschreibung des ausnehmend hässlichen August-Bergmann-Hofs von Karl Schwanzer und Gerhard Krampf in der Favoritenstraße: Der heruntergekommene Bau aus dem Jahr 1981 bilde einen „spannungsreichen Kontrast zu dem überwiegend biedermeierlich und gründerzeitlich geprägten Straßenbild“, heißt es da.

Merke: Wenn man nicht mehr weiß, was man sagen soll, bleibt immer noch das Wort „spannungsreich“.

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